Stromnetz als Antenne

Neuartige Haustechnik-Sensoren nutzen bestehende Leitungen, sparen Strom und bieten eine hohe Reichweite.

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Von
  • Kate Greene

Neuartige Haustechnik-Sensoren nutzen bestehende Leitungen, sparen Strom und bieten eine hohe Reichweite.

Drahtlose Sensoren, die im ganzen Gebäude verteilt werden, sind der jüngste Schrei in der modernen Haustechnik: Sie liefern stets aktuelle Messdaten von der Luftqualität über die Heizeffizienz bis hin zum Beleuchtungsstatus. Unschön nur: Wer die kleinen Komponenten einmal installiert hat, muss spätestens alle paar Jahre ihre Batterien austauschen. Bei großen Bürogebäuden ist das eine echte Mammutaufgabe.

Forscher an der University of Washington haben nun eine Methode entwickelt, mit der drahtlose Sensoren wesentlich stromsparender arbeiten als zuvor. Der Trick: Statt einer eigenen Antenne nutzen die Geräte die bereits vorhandenen Elektroleitungen in den Wänden eines Gebäudes, um ihre Signale zu verteilen. Der Ansatz steigert nicht nur die Reichweite eines solchen Sensornetzes, sondern lässt Batterien bis zu fünfmal länger durchhalten. Direkt ans Stromnetz angeschlossen werden müssen die Sensoren trotzdem nicht, was die Verlegung deutlich vereinfacht.

Die neue Technik hört auf den Namen "Sensor Nodes Utilizing Powerline Infrastructure" (SNUPI). Ihr Kernbestandteil sind Minisender, die Daten auf Frequenzen aussenden, die sich auf vorhandene Kupferdrähte in Gebäuden übertragen lassen. Diese schwingen dann förmlich mit. Viereinhalb Meter Abstand könne zwischen Sensor und Leitungsnetz liegen, erläutert Projektleiter Shwetak Patel, Professor für Informatik und Elektroingenieurwesen an der University of Washington. Das Signal wird aufgenommen und weitergegeben – wobei das Gebäudenetz als eine Art riesige Antenne dient. Die Daten werden schließlich mit 27 Megahertz an eine Basisstation gesendet, die irgendwo an einer Steckdose im Gebäude hängt.

"Die Stromleitung hat einen Verstärkereffekt", sagt Patel. Während viele Low-Power-Sensoren nur eine Reichweite von wenigen Metern hätten, könne sein Prototyp bereits eine Fläche von 280 Quadratmetern abdecken. Bei den meisten drahtlosen Sensornetzen seien Wände das entscheidende Problem. "Bei SNUPI ist es umgekehrt: Je mehr Wände, desto besser funktioniert das System."

"Die universitäre Forschung an Haustechnik-Sensornetzen hat die bestehende Infrastruktur bislang immer nur als Problem gesehen", meint Matt Reynolds, Professor für Elektroingenieurwesen an der Duke University. Patels Arbeit sei interessant, "weil sie das Problem auf den Kopf stellt". Das Leitungsnetz im Gebäude werde nun zu einer Lösung des Problems.

Die Nutzung von Stromleitungsnetzen zur Datenübertragung ist an sich nicht neu. Das sogenannte Powerline-Internet versuchte zunächst, die bestehenden Stromnetze im großen Stil zur Breitbandvernetzung einzusetzen, was aber technisch scheiterte. Mittlerweile existieren jedoch gut funktionierende Adapter für die Heimvernetzung. Dass das Stromnetz quasi als Verstärker für ein Gebäudetechnik-Sensornetz dient und gleichzeitig dessen Energieverbrauch senkt, ist aber neu.

Patels Prototyp verbraucht weniger als ein Milliwatt im Datentransfermodus – und weniger als 10 Prozent davon gehen überhaupt für die Kommunikation zum Stromnetz drauf. Spätere Versionen, sagt der Forscher, werden die notwendige Energieaufnahme für die im Sensor verbaute Elektronik weiter reduzieren. Patel plant außerdem den Einbau einer Empfangsantenne zur Zwei-Wege-Kommunikation zwischen Zentrale und Sensoren. So könnte das Netzwerk verlorengegangene Datenpakete erneut anfordern.

Pläne für eine Kommerzialisierung existieren bereits. Patel hat ein Start-up gegründet, das Messgeräte zum Stromsparen anbietet, und will für SNUPI nun eine weitere Firma aus der Taufe heben. Der Ansatz könnte zudem nicht nur für die Haustechnik nützlich sein – denkbar seien auch implantierbare medizinische Sensoren und andere Systeme zur Gesunderhaltung. Die würden definitiv profitieren, glaubt Patel. Vorläufige Studien mit dem in den USA populären Schrittzähler "FitBit", der seine Daten drahtlos an eine Basisstation sendet, hätten das gezeigt. Statt nur 14 Tage würde dieser dank SNUPI ein ganzes Jahr mit einer Batterieladung durchhalten.

SNUPI soll noch im September auf der Ubiquitous Computing-Konferenz im dänischen Kopenhagen präsentiert werden. (bsc)