Verbraucherschützer: Hohes Missbrauchspotenzial bei Inverssuche

Seit der Änderung des Telekommunikationsdienstegesetzes im Juli 2004 ist Rückwärtssuche nach Name und Adresse zu einer Telefonnummer erlaubt; Verbraucherschützer befürchten zunehmenden Missbrauch.

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Von
  • Dirk Averesch
  • dpa

Nur eine Telefonnummer stand in der Verkaufsanzeige für den wertvollen Oldtimer. Mit Absicht hatte der Besitzer keine Adresse angegeben. Über Nacht verschwand das Fahrzeug dann aus der Garage. Was war passiert? Der Dieb hatte bei einer Telefonauskunft per Rückwärtssuche Namen und Adresse des ahnungslosen Verkäufers erfragt. Der Fall ist erfunden, wird aber immer wahrscheinlicher: "Das Missbrauchspotential von Daten, die bei Nennung der Telefonnummer preisgegeben werden, ist noch nicht absehbar", sagt Carola Elbrecht, Telekommunikationsexpertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin.

"Wer seine Daten schützen will, muss aktiv werden und der so genannten Inverssuche bei seinen Netzbetreibern für Telefon oder Handy widersprechen", rät Elbrecht. Leichter gesagt als getan: Denn wer der Rückwärtssuche nach einem entsprechenden Hinweis durch seinen Telefon- oder Handyanbieter nicht widerspricht, stimmt ihr im Normalfall zu. "Das ist eine Schwäche der Widerspruchsregelung, die schon beim Gesetzgebungsverfahren kritisiert worden ist", erläutert Elbrecht die seit der Änderung des Telekommunikationsdienstegesetzes im Juli 2004 erlaubte Rückwärtssuche. Seit Ende vergangenen Jahres bieten die Telekom-Auskunft, aber auch Konkurrenten wie Telegate die neue Suchfunktion an.

Systematisch hat bisher nur die Telekom ihre Kunden auf die Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen. Allerdings inzwischen auf der Rückseite der Telefonrechnung, versteckt und kleingedruckt, wie Elbrecht kritisiert. Allen, die nicht auf den Hinweis reagiert haben und ihre Daten für die Inverssuche sperren lassen möchten, rät die Verbraucherschützerin, dies jetzt zu tun: "Es ist nie zu spät, und es gibt keine Fristen."

Am einfachsten gelingt der Widerspruch, wenn man vom zu sperrenden Telekom-Anschluss aus die Nummer 01375/103300 wählt und den Anweisungen folgt. Beim Anruf von einem ISDN-Anschluss werden automatisch alle Nummern gesperrt. ISDN-Kunden der Telekom, die nur bestimmte Telefonnummern von der Inverssuche ausschließen wollen, sollten laut Elbrecht besser schriftlich oder per Fax widersprechen. Zwar unterhält die Telekom das zentrale Nummernverzeichnis für alle Netzbetreiber und Diensteanbieter, der Widerspruch gegen die Rückwärtssuche bei der Telekom gilt aber nur für Kunden der Festnetzsparte T-Com. "Jeder Netzanbieter ist für die Anlieferung seiner Kundendaten selbst verantwortlich", stellt T-Com-Sprecher Rüdiger Gräve klar. Das heißt, dass die Telekom die Angaben der Netzbetreiber nur speichert, diese aber nicht ändert.

Wie gehen also die anderen Netzbetreiber mit der Rückwärtssuche und den Daten ihrer Kunden um? Der Hamburger Festnetzanbieter HanseNet (Alice) und die bundesweit tätige Telefongesellschaft Arcor beispielsweise sind verbrauchernah vorgegangen und haben sämtliche Kundendaten für die Inverssuche gesperrt. Provisorisch haben dies auch die Mobilfunkanbieter E-Plus, T-Mobile und O2 getan. Vodafone hat seine Kunden angeschrieben und vor die Wahl gestellt: Wer seine Daten von der Rückwärtssuche ausnehmen will, muss antworten und widersprechen. Ohne Antwort stimmt der Kunde der Inverssuche zu. Er kann dies aber jederzeit widerrufen. Auch E-Plus, T-Mobile und O2 prüfen derzeit eine ähnliche Abfrage der Zustimmung ihrer Kunden zur Inverssuche. Zukünftig wollen die Mobilfunkunternehmen das Einverständnis zur Rückwärtssuche beim Abschluss von Neuverträgen erfragen.

Die Inverssuche ist übrigens nur dann erlaubt, wenn der Kunde im Telefonbuch oder einem öffentlichen elektronischen Kundenverzeichnis eingetragen ist. Deshalb stellt sich das Problem der Rückwärtssuche für viele Festnetz- oder Handy-Telefonierer gar nicht. "Im Vergleich zu den siebziger Jahren kann ich ja heute wählen, ob ich in der Telefonauskunft erscheine", sagt Peter Büttgen, Referent für Teledienste beim Bundesbeauftragten für Datenschutz. Allerdings hätten sich die Berliner Datenschützer eine "saubere Einwilligungslösung" gewünscht. Das heißt eine grundsätzlich gesperrte Inverssuche - es sei denn, der Kunde wünscht diese ausdrücklich. (Dirk Averesch, dpa) / (jk)