Jamba zeigt sich vom Klingelton-Urteil unbeeindruckt

Die Firma betont, nicht vom Urteil des Bundesgerichtshofs betroffen zu sein, das Klingelton-Reklame in Jugendzeitschriften verbietet. Unabhängig davon betreiben Verbraucherschützer ein Gewinnabschöpfungsverfahren gegen Jamba.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Das Berliner Unternehmen Jamba, nach eigener Aussage der marktführende Anbieter von mobilen Entertainment-Diensten, erklärt, vom gestrigen Urteil (Az. I ZR 125/03) des Bundesgerichtshofs (BGH), das Werbung für Handy-Klingeltöne in Jugendmedien verbietet, nicht betroffen zu sein. Jamba habe mit diesem Verfahren "zu keinem Zeitpunkt" etwas zu tun gehabt. Das Urteil, das schriftlich bislang noch nicht vorliegt, erging auf Grund der Revision eines vom BGH nicht genannten Klingelton-Händlers, der in der Zeitschrift Bravo Girl Downloads von Klingeltönen über eine 0190-Nummer beworben hatte.

Der BGH begründet seine Entscheidung damit, dass ein Anbieter von Klingeltönen die Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutzt, wenn er in den Anzeigen lediglich darauf hinweist, dass der Download über eine 0190-Rufnummer 1,86 Euro pro Minute kostet, nicht jedoch die durchschnittliche Dauer des Herunterladens und die dadurch entstehenden tatsächlichen Kosten offenlegt. Gegen diese Anzeigen hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit der Begründung geklagt, dass ein fehlender Hinweis die Unerfahrenheit der Jugendlichen in unlauterer Weise ausnutzt, und bereits in den Vorinstanzen Recht bekommen.

Werbung, die gegenüber einem volljährigen Publikum noch zulässig ist, kann gegenüber geschäftlich Unerfahrenen unzulässig sein, urteilte der Senat: Voraussetzung für den Schutz sei, dass sich die Werbung – "zumindest auch" – gezielt an Kinder oder Jugendliche richte. Der BGH stellte aber zugleich klar, dass nicht jede gezielte Beeinflussung von Minderjährigen durch Werbung unlauter ist. Die konkrete Handlung müsse vielmehr geeignet sein, die geschäftliche Unerfahrenheit auszunutzen.

In einer Presseerklärung betont Jamba-CEO Markus Berger-de León, dass die Jamba-Dienste "stets zu einem Festpreis" angeboten werden, der "deutlich in unserer Werbung ausgewiesen ist". Jeder Kunde erhalte bei einem Bestellvorgang per SMS eine Antwort-SMS mit allen Informationen zu Preis, Inhalt und Kündigungsmöglichkeiten. Erst wenn der Kunde seine Bestellabsicht mit einer weiteren SMS bestätige, werde die Bestellung wirksam. Auch bei Bestellungen im Internet müsse der Kunde den Vorgang ebenfalls noch einmal rückbestätigen, indem er ein auf sein Handy geschicktes Passwort im Internet eingeben müsse. Jamba weise die Kunden auch darauf hin, dass weitere Übertragungs- und Netzwerkkosten entstehen können.

Offen bleibt, wie viele der Kunden sich beim Bestellen eines Jamba-Angebots sich darüber Gedanken machen, dass sie ein Abonnement eingehen, wenn sie einen bestimmten Klingelton haben wollen. Die Konditionen seiner verschiedenen Abo-Varianten hat Jamba auf seiner FAQ-Seite zusammenfasst. Auch ist es wahrscheinlich, dass Nutzer die in der Antwort-SMS von Jamba aufgeführten Konditionen ignorieren, weil sie ein angesagtes Logo oder Klingelton so schnell wie möglich bekommen wollen, um ihre Altersgenossen zu beeindrucken.

Immerhin hat Jamba auf Druck der Verbraucherverbände im vergangenen Dezember eine "Kindersicherung" eingeführt, die es Eltern erlaubt, Handynummern für sämtliche Jamba-Angebote zu sperren. Die Kindersicherung ist zumindest ein indirektes Indiz dafür, dass die Kids nicht durch umfängliche FAQ-Seiten scrollen, sondern ihrem Wunsch nach Unterhaltung folgen. Gegenüber heise online erklärte eine Juristin des vzbv, dass ihr Verband derzeit gegen Jamba ein so genanntes "Gewinnabschöpfungsverfahren" eingeleitet hat. Gestützt auf den Vorwurf, dass das Unternehmen Teile seiner Einnahmen mit unlauteren Methoden erwirtschaftet, fordert der Verband dabei zunächst außergerichtlich eine Auskunft beim Unternehmen über den "Unlauterkeitsgewinn" an. Kommt das Unternehmen dieser Aufforderung nicht nach, erhebt der Verband Klage auf Auskunft und Zahlung beim zuständigen Gericht. Im Fall der Verurteilung muss die Beklagte den Unlauterkeitsgewinn an den Fiskus abführen. Im Verfahren gegen Jamba steht nach Auskunft des vzbv noch kein Gerichtstermin fest. (ssu)