Vorratsdatenspeicherung: Richter und Staatsanwälte springen Justizministerin bei

In einem offenen Brief an Ministerien, Bundestag und Parteien spricht sich die Neue Richtervereinigung erneut gegen die Vorratsdatenspeicherung aus. Deutschland sei nicht gezwungen, die EU-Vorgabe umzusetzen.

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Die in der Neuen Richtervereinigung (NRV) versammelten Richter und Staatsanwälte meinen, dass eine Vorratsdatenspeicherung nicht zur Abwehr von Gefahren und für die Strafverfolgung geeignet wäre. Das geht aus einem Brief (PDF-Datei) der NRV hervor, der unter anderem an die Bundesministerien der Justiz und des Innern sowie an Bundestagsausschüsse sowie die Fraktionen des Bundestags ging. Damit mischen sie sich erneut in die Diskussion über die verdachtsunabhängige Speicherung von Verbindungsdaten ein, die nach ihrer Darstellung seit dem vorigen Monat wieder intensiv geführt werde. Sie wollen so der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger den Rücken stärken.

"Die Aufklärungsquote in der Strafverfolgung hat sich unter Geltung der Vorratsdatenspeicherung nicht nennenswert erhöht. Speziell im Bereich der Internetkriminalität war sie im Jahre 2009 sogar rückläufig. Mithin könnte eine Vorratsdatenspeicherung die Strafverfolgung sogar erschweren und zusätzliche Gefahren schaffen", erläuterte NRV-Sprecherin Christine Nordmann. Deutschland sei rechtlich "nicht zwingend verpflichtet", die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Das Verbot der Aufzeichnung des Telekommunikationsverhaltens diene dem Grundrechtsschutz und könne daher ein Abweichen von der Richtlinie rechtfertigen.

Mit ihrem Brief will die NRV nach eigenen Angaben dem möglichen Eindruck entgegentreten, dass die Justizministerin "nicht nur den Bundesinnenminister und seine Kollegen in den Ländern, sondern 'die Fachwelt nahezu komplett gegen sich' habe". Bereits im April 2010 hatte sich die Neue Richtervereinigung gemeinsam mit 47 anderen nationalen Organisationen und Verbänden in einem offenen Brief an die Bundesjustizministerin gegen eine neuerliche Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. In einem weiteren offenen Brief hat sie gemeinsam mit über 100 Organisationen und Verbänden aus 23 europäischen Ländern die EU-Kommission aufgefordert, sich für die Aufhebung der EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung einzusetzen und stattdessen ein System zur schnellen Sicherung und gezielten Aufzeichnung von
Verkehrsdaten im Verdachtsfall vorzuschlagen. (anw)