Island befragt US-Botschafter zu Wikileaks und Twitter

Nachdem ein Bundesgericht im US-Bundesstaat Virginia Mikroblogging-Dienst Twitter aufgefordert haben soll, Informationen über Wikileaks-Unterstützer zu übergeben – darunter eine isländische Parlamentsabgeordnete – haben sich Beamte des Außenministeriums in Reykjavik mit dem US-Botschafter getroffen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 192 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Der Konflikt um die Enthüllungsplattform Wikileaks belastet die Beziehungen zwischen den USA und Island. Auslöser ist ein Bundesgericht im US-Staat Virginia, das den Mikroblogging-Dienst Twitter aufgefordert hat, Informationen über Wikileaks-Unterstützer zu übergeben. Davon ist auch eine isländische Parlamentsabgeordnete betroffen. Am Montag trafen Beamte des Außenministeriums in Reykjavik deswegen mit dem US-Botschafter zusammen.

Bei der Unterredung sei es um Informationen zu der strafrechtlichen Untersuchung gegen eine isländische Abgeordnete gegangen, hieß es in einer Erklärung des Ministeriums. Weiter hieß es, die Abgeordnete Birgitta Jónsdóttir genieße als Parlamentarierin Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung. Außenminister Ossur Skarphedinsson hatte am Wochenende in einem Rundfunkinterview von einem "inakzeptablen Verhalten einer ausländischen Behörde" gesprochen.

Jónsdóttir brach am Montag zu einer Konferenz in Kanada auf. In einer Tweet schrieb sie, dass sie nicht über die USA, sondern über London fliegen werde.

Das Gericht in Virginia hatte die Aufforderung an Twitter, Daten von Nutzern herauszugeben, die mit Wikileaks in Verbindung stehen, zusammen mit einer Verschwiegenheitsverpflichtung erteilt. Daher habe das Unternehmen die Betroffenen darüber zunächst nicht informieren dürfen. In einem Kommentar hält das Magazin Wired fest, dass das Vorgehen von Twitter eigentlich zum Standard für Anbieter in den USA werden sollte: Twitter gab keine Daten heraus, ging stattdessen erfolgreich gegen den Maulkorberlass vor und setzte dann die Betroffenen in Kenntnis, damit diese sich gegen die eigentliche Verfügung wehren können.

Rund vier Wochen nach seiner Freilassung auf Kaution muss Wikileaks-Gründer Julian Assange am heutigen Dienstag zum ersten Mal wieder vor Gericht erscheinen. Dabei geht es allerdings noch nicht direkt um seine mögliche Auslieferung an Schweden, sondern zunächst um verfahrenstechnische Fragen, wie das Gericht schon vorab klarstellte. Die eigentlichen Verhandlungen über den Auslieferungsantrag sind für den 7. und 8. Februar angesetzt. Dem australischen Aktivisten werden in Schweden sexuelle Vergehen vorgeworfen. Die Rechtslage und die genauen Vorwürfe sind aber auch für Juristen schwer durchschaubar. Assange selbst und seine Unterstützer vermuten jedoch, dass hinter dem Verfahren und einem EU-weiten Haftbefehl gegen ihn die USA stecken.

Assange lebt derzeit auf dem Anwesen eines Unterstützers in Südostengland. Er muss eine elektronische Fußfessel tragen und sich täglich bei der örtlichen Polizeistation melden. Zu den Auflagen der britischen Justiz sagte Assange: "Ehrlich gesagt wäre ich nicht gegen etwas mehr Sonne und mehr Freiheit. Ich reise gern, ich fühle mich also ein bisschen wie ein Vogel im Käfig." (mit Material von dpa) / (anw)