Powertop 2.0 – Strom sparen unter Linux

Powertop, ein Tool zum Aufspüren von Stromverschwendern unter Linux, bringt mit dem Generationssprung auf Version 2.0 eine überarbeitete Bedienoberfläche sowie neue Diagnose- und Optimierungsmöglichkeiten.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Mit der aktuellen Beta-Version 1.98 steht Powertop 2.0 kurz vor der Fertigstellung. Die zweite Generation des Linux-Programms zum Aufspüren von Stromverschwendern wurde weitgehend neu geschrieben. Die Gründe erläutert Hauptentwickler Arjan van de Ven in der Freigabe-Mail zur ersten, bereits Anfang des Jahres erschienen Beta-Version: Der Code der ersten Powertop-Generation sei ausgeufert, nachdem dort immer neue Funktionen eingebaut wurden.

Zweite Powertop-Generation (7 Bilder)

Startschirm

Auf den ersten Blick scheint es, als würde die neue Powertop-Version lediglich ähnliche Informationen liefern wie ihre Vorgänger.

Bereits im August letzten Jahres hatte van de Ven in einem Blog-Eintrag ausgiebig beschrieben, wie sich die Anforderungen an Powertop mit der Zeit gewandelt haben. Gedacht war es ursprünglich als Nischenwerkzeug für Open-Source-Programmierer, Distributionsentwickler und Notebook-Besitzer. Mit der Zeit setzten aber immer mehr Linux-Anwender Powertop ein und so implementierten die Entwickler Funktionen, damit Anwender ihre Systeme mit Powertop optimieren konnten.

Heute, drei Jahre später, würden Distributionen die meisten Stromsparfunktionen jedoch automatisch nutzen. In Folge dessen sei Powertop für Endanwender nicht mehr so nützlich wie zuvor und Funktionen zur System-Diagnose rücken in den Vordergrund. Durch die Verschiebung der Zielgruppe hin zu erfahrenen Entwicklern sei es nötig, einige Aspekte von Powertop neu zu entwerfen.

Ähnlich wie die älteren Powertop-Versionen gibt auch die zweite Generation des Tools nach dem Start einen Überblick, welche Programme die CPU wie oft beschäftigen und dadurch die Zeit verkürzen, die der Prozessor in stromsparenden Schlafzuständen verweilen kann. In einem knappen Überblick zeigt das Programm zusätzlich zur Arbeitslast des Prozessors nun auch an, wie häufig der Grafikchip (GPU/Graphics Processing Unit) im letzten Messabschnitt Arbeit erledigen musste und wie oft das Virtual File Systems VFS, das Basis-Funktionen für Dateisysteme bietet, die Datenträger angesprochen hat.

Die neue Version liefert allerdings deutlich mehr Details zu den Schlafzeiten der verschiedenen Prozessorkerne und zeigt auch den Status des Prozessor-Packages an – also der Einheit aus Prozessor-Kernen und dem "Uncore" genannten Bereich, in dem sich etwa Speichercontroller und I/O-Einheiten finden. Die Informationen finden sich nicht mehr auf der Hauptseite, sondern auf dem Reiter "Idle Stats", den man durch Drücken der Cursor-Rechts-Taste erreicht. Wie häufig welche Taktfrequenz anliegt und ob der Prozessor auch auf Turbo-Boost-Frequenzen hochschaltet, zeigt der Tab "Frequency Stats". Der Reiter "Device Stats" liefert einen Überblick über die Aktivität der Geräte und gibt an, wie viele Netzwerkpakete übertragen wurden. Geräte, die keine Stromspartechniken nutzen, werden mit hundert Prozent Aktivität aufgelistet.

Auf dem letzten Reiter finden sich die "Tunables", über die man bestimmte Stromsparfunktionen ein- und ausschalten kann – etwa das Auto-Suspend für USB- und Audio-Hardware. Wie Powertop das macht, bleibt leider im Dunkeln; letztendlich wendet es jedoch meist genau jene Tricks an, welche die Webseite lesswatts.org detailliert beschreibt.

Dass aktuelle Distributionen nicht alle dieser mit Powertop aktivierbaren Stromsparmöglichkeiten automatisch nutzen, liegt zum einen daran, dass sie noch recht neu sind und nur mit den neuesten Kernel-Versionen funktionieren. Schuld sind aber auch Kinderkrankheiten – so führte das Aktivieren von USB-Autosuspend in unseren Tests auf einem Rechner zu Mausaussetzern. Die Audio-Stromsparfunktion funktionierte auf dem Test-Notebook; es gibt aber Berichte, dass diese Technik auf einigen Geräten zu Audio-Störungen führt, wenn die HDA- oder AC97-Chips in den Stromsparmodus wechseln oder wieder aktiv werden.

Auch unter der Haube hat sich einiges getan, denn Powertop nutzt zur Diagnose über das Programm perf die in den vergangenen zwei Jahren erheblich erweiterten Tracing- und Performance-Monitoring-Möglichkeiten des Linux-Kernels. Daher erfordert Powertop nun mindestens einen Linux-Kernel 2.6.36, bei dem die von Perf benötigte Infrastruktur einkompiliert wurde; einige Funktionen benötigen sogar den Anfang Januar freigegebenen Kernel 2.6.37. Diese Voraussetzungen erfüllen von Haus aus nur die aktuellen, in den vergangenen Monaten freigegebenen Linux-Distributionen.

Genau wie das alte Powertop kann auch das neue bei Notebooks eine ungefähre Leistungsaufnahme über die ACPI-Verbrauchsinformationen anzeigen. Die Werte sind allerdings keineswegs sekundengenau und eher träge, daher sollte aus den Angaben keine vorschnellen Schlüsse ziehen.

Die neue Version versucht durch eine Analyse der Umgebungssituation und dem Abgleich mit zuvor aufgezeichneten Messdaten die aktuelle Leistungsaufnahme zu prognostizieren. Die Zuverlässigkeit dieser Schätzungen steigt, wenn über den in der README-Datei erwähnten Kommandozeilenparameter --calibrate einen Kalibrierungslauf startet, bei dem unter anderem der Einfluss von Display-Helligkeit und USB-Aktivität auf den Stromverbrauch erfasst werden.

Beim Aufruf mit dem Parameter --html erstellt das neue Powertop einen HTML-Report wie den, den van de Ven auf seiner Homepage zeigt. Die Idee dahinter: Anwender sollten die HTML-Reports hochladen oder einsenden, damit andere bei der Problemsuche helfen können – etwa Entwickler der eingesetzten Distribution. Eine Ausgabe mit CSV (Comma-Separated Values) steht für die Version 2.1 auf der ToDo-Liste. Dort finden sich auch noch einige Punkte, die bis zu Fertigstellung der Version 2.0 erledigt werden sollen. (thl) (thl)