Erneute Verurteilung wegen Hyperlink auf Antikopierschutzprogramme

Das Landgericht München hat einem Online-Musikmagazin das Setzen eines Hyperlinks auf eine Unterseite der Homepage eines Softwareherstellers untersagt. Der Beklagte hat bereits eine Gegenklage vor dem LG Düsseldorf erhoben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 221 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Das Landgericht (LG) München hat einem Online-Musikmagazin eine Verlinkung auf das Web-Angebot eines Softwareherstellers untersagt. Hier wie auch in dem ähnlichen Fall des Heise Zeitschriften Verlags, dem das Oberlandesgericht (OLG) das Setzen eines Links auf die Website des Herstellers Slysoft und dessen Programm "AnyDVD" innerhalb der Berichterstattung verboten hat, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen: Der Beklagte hat seinerseits eine Gegenklage vor dem LG Düsseldorf erhoben. Zudem hat der Heise Zeitschriften Verlag bereits im vergangenen Jahr eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereicht.

Auslöser auch des Verfahrens gegen das Online-Musikmagazin war ein Bericht von heise online über die Software "AnyDVD", mit der unter anderem installierte Kopiersperren umgangen werden können. Obwohl im Heise-Artikel ausdrücklich darüber informiert wurde, dass derartige Programme gegen das Urheberrecht verstoßen, monierte die Musikindustrie die Berichterstattung selbst sowie den im Beitrag enthaltenen Hyperlink zur Internetpräsenz des Unternehmens. Nicht wegen der Berichterstattung, aber wegen der Verlinkung erhielt die Musikindustrie erst vom Landgericht und später vom Oberlandesgericht München Recht.

Der nunmehr beklagte Chefredakteur eines Online-Musikmagazins hatte sich Anfang 2005 mit dem Heise-Bericht auseinandergesetzt und verwundert die Frage gestellt, warum der Artikel nicht auch Ausführungen zur Software "CloneCD" enthalten habe, das nach seiner Auffassung nicht gegen das Urheberrecht verstoße, da die gängigen Kopiersperren gar keine technischen Schutzmaßnahmen gegen unerwünschtes Brennen darstellten. Als zusätzlichen Service setzte er einen Hyperlink auf die Unterseite der Homepage von Slysoft, auf der in deutscher Sprache ausführlich über die Umgehungsfunktion berichtet wurde. Neben der Anpreisung für "CloneCD" enthielt die verlinkte Slysoft-Unterseite ferner den Button "AnyDVD", der zu einer weiteren Unterseite führte, auf der Werbung für "AnyDVD" gemacht wurde. Den Hyperlink auf die deutschsprachige Unterseite wertete das Landgericht München als Verstoß gegen Paragraf 95a Absatz 3 Urheberrechtsgesetz (UrhG).

Nach dieser Vorschrift ist unter anderem die Werbung für Programme verboten, mit deren Hilfe wirksame technische Maßnahmen zum Kopierschutz umgangen werden können. Entgegen der Auffassung des Beklagten handle es sich nach richterlicher Auffassung bei "CloneCD" sehr wohl um eine unzulässige Umgehungs-Software. Es sei unbeachtlich, dass neben "CloneCD" auch noch ein Kopierprogramm eingesetzt werden müsse. Durch den Hyperlink auf die deutschsprachige Unterseite habe das Online-Magazin auch einen relevanten Beitrag für die rechtswidrige Bewerbung geleistet.

Die Münchner Richter kamen ebenso wie das Gericht im Verfahren gegen den Heise Zeitschriften Verlag zu dem Ergebnis, dass eine Berufung auf die Pressefreiheit hinsichtlich der Verlinkung ausscheide. Auf Seiten des Online-Magazins stelle sich der Link durchaus als geeignetes Mittel der Informationsverschaffung dar, was den Auftrag der Presse fördere. Allerdings sei die Verlinkung dafür nicht erforderlich gewesen, "da der Leser bereits durch die in dem Artikel wiedergegebenen Informationen sehr weitgehend unterrichtet werden konnte". Daraus folge, dass der Link nur ein vergleichsweise geringes "Plus" für den Leser darstelle, das nicht die berechtigten Interessen der Musikindustrie ausgleichen könne. Schließlich sei "für einen verständigen Beobachter ohne weiteres klar, dass die Verlinkung in einer Vielzahl von Fällen zu einem rechtswidrigen Download und über die damit ermöglichte illegale Vervielfältigung geschützter Medien zu schwerwiegenden Verletzungen von Eigentumsrechten" führen werde.

Das vorliegende Urteil wird nicht die letzte gerichtliche Entscheidung in Bezug auf das Setzen von Hyperlinks auf Kopierschutzumgehungs-Software innerhalb der Presseberichterstattung sein. So hat der Beklagte bereits vor dem Landgericht Düsseldorf in der gleichen Sache eine negative Feststellungsklage erhoben, wonach ihm die Verlinkung nicht verboten werden könne. Laut seinem Anwalt, Tobias Strömer, stehen in der rheinischen Metropole die Chancen für einen Sieg des Online-Musikmagazins gut, da davon auszugehen sei, dass die dortigen Richter der Pressefreiheit den Vorrang einräumen werden. Verkündigungstermin in Düsseldorf ist voraussichtlich der 22. November.

Siehe zur juristischen Auseinandersezung um Berichterstattung und Verlinkung bei Software zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen auch:

(Noogie C. Kaufmann) / (anw)