Debatte über "Kill Switch" fürs Internet zieht Kreise

Nach der Bundesregierung hat auch der australische Kommunikationsminister erklärt, dass es in seinem Land keine Pläne für einen Notausschalter fürs Netz gebe. In den USA sehen sich Befürworter weitgehender Regierungsbefugnisse in die Enge gedrängt.

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Nach der Bundesregierung hat inzwischen auch der australische Kommunikationsminister Stephen Conroy erklärt, dass es in seinem Land keine Pläne für einen Notausschalter fürs Internet gebe. Er glaube laut nationalen Medienberichten nicht, dass die Exekutive in seinem Land vergleichbare Macht über die Internetprovider habe wie der ägyptische Präsident Husni Mubarak, der in den vergangenen Tagen Zugangs- und Routingdienste rund ums Netz weitgehend lahmlegen ließ. In der australischen Regierung strebe niemand vergleichbares an.

Conroy war im vergangenen Jahr wegen eines Gesetzesvorhabens in die Kritik geraten, demzufolge Zugangsanbieter Webseiten mit kinderpornographischen oder zu Gewalt aufrufenden Inhalten blockieren sollten. Er verschob die Pläne zunächst, will sie in diesem Jahr aber weiter verfolgen. Eine pluralistische Gesellschaft, die auf die Meinungsfreiheit setze, unterstütze keine Zensur, wie sie in Ägypten oder in China ausgeübt werde, betonte der Kommunikationsminister nun.

In den USA sehen sich jene, die weitgehende Regierungsbefugnisse fordern, elektronische Kommunikationssysteme als Antwort auf Cyberangriffe kappen zu dürfen, in die Enge gedrängt. Die republikanische Senatorin Susan Collins und ihre Kollegen Joe Lieberman und Tom Carper, die den Demokraten nahe stehen beziehungsweise angehören, erklärten, sie strebten mit der geplanten Neuauflage eines Entwurfs für einen Protecting Cyberspace as a National Asset Act keine Kompetenzen für den US-Präsidenten an, Bürgern den Zugang zum Internet zu untersagen. Die Abschaltung des Internets in Ägypten sei "gänzlich falsch" gewesen, da regierungskritische Stimmen unterdrückt werden sollten.

Die drei Senatoren wollen sicherstellen, dass der US-Präsident Notstandsbefugnisse nur zum Schutz der für die Gesellschaft und die Wirtschaft essenziellen Systeme erhält. Sie sollen als letztes Mittel allein zur Abwehr von Angriffen eingesetzt werden dürfen, die "national oder regional katastrophale Auswirkungen" haben. Wenn die Gesetzgeber keiner Verlängerung zustimmen, dürften die Befugnisse nur 120 Tage gelten. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung müsse geschützt werden. Der Internetverkehr beziehungsweise die E-Mail-Kommunikation dürften nur tangiert werden, wenn kein anderes Mittel nutzbar sei, um eine Katastrophe zu verhindern.

Timothy Karr von der Organisation "Free Press", vermutete , die Senatoren hätten offenbar den "Aufschrei" besorgter Bürger gehört. Das Versprechen, der US-Regierung solle kein "Kill Switch" fürs Internet in die Hand gedrückt werden, klinge aber "wenig beruhigend". Die Details des Vorhabens wiesen weiter darauf hin, dass es gefährlich sei und die Meinungsfreiheit einschränken würde. So sei eine Bestimmung aus früheren Entwürfen, wonach der Präsident die neuen Notstandsbefugnisse nur mit Richtergenehmigung ausüben dürfe, im neuen Vorstoß nicht mehr zu finden.

Auch in der Schweiz ist die Debatte über einen Netzabschaltknopf angelaufen. Eine Sprecherin des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) ließ einem Bericht zufolge durchblicken, dass es in dem Alpenland derzeit keine gesetzliche Regelung eines "Kill Switch" gebe. Die eidgenössische Bundespolizei verwies aber auf einen Notfallparagraphen, wonach die Schweizer Regierung veranlassen könnte, das Netz zu kappen. Auch der Präsident der Information Security Society Switzerland (ISSS), Thomas Dübendorfer, hält einen Notausschalter "grundsätzlich für möglich". Falls der Bundesrat über das Notrecht verfüge, Austauschpunkte einheimischer Provider abzuschalten, müssten diese Folge leisten. (anw)