Justizministerin: Mehr Aufklärung statt höherer Strafen für Cybercrime

Die EU-Justizminister haben in Brüssel über die Bekämpfung von Kriminalität im Internet beraten. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und einige Kollegen meinen, dass eher der Verfolgungsdruck erhöht werden sollte als die Strafen.

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Von
  • Monika Ermert

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) meint, bei der Bekämpfung von Kriminalität im Internet müsse die EU "den Blick über strafrechtliche Instrumente hinweg lenken, weil wir den Entwicklungen sonst nicht in angemessener Weise werden begegnen können". Diesen Standpunkt vertrat sie während einer Diskussion mit ihren Ministerkollegen aus den EU-Mitgliedsländern am Freitag in Brüssel. Die Ministerin gab zu bedenken, dass die von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström mit der geplanten Cybercrime-Richtlinie (PDF-Datei) anvisierten höheren Strafen nicht unbedingt die gewünschte abschreckende Wirkung hätten. Besser wäre es, den Aufklärungs- und Verfolgungsdruck zu erhöhen.

Leutheusser-Schnarrenbergers Skepsis teilten mehrere Kollegen. Sowohl der griechische als auch der finnische Vertreter äußerten sich kritisch zu den vorgeschlagenen Mindesthöchststrafen. Beispielsweise soll laut Malmström die Anstiftung, der Versuch oder die Beihilfe zur Verbreitung von für Computerstraftaten geeigneten Werkzeugen mit Mindesthöchststrafen von zwei Jahren Gefängnis bewehrt werden. Als strafverschärfend will die EU-Kommissarin Computerstraftaten bewertet wissen, die mit einer gestohlenen Identität oder vor dem Hintergrund terroristischer Aktivitäten begangen werden.

Die im Vergleich zu anderen Strafrechtsbereichen recht hohen Strafen würden für sein Land klar ein Problem darstellen, sagte der finnische Vertreter. Frankreichs Vertreter Philippe Etienne begrüßte demgegenüber die Mindesthöchststrafen, die noch unter den Strafen in Frankreich lägen. Man dürfe bei der Richtlinie auch Urheberrechtsverstöße nicht vergessen. Die ungarische Präsidentschaft kündigte während der Sitzung in Brüssel eine internationale Fachkonferenz zum Thema Cybercrime und Schutz kritischer Infrastrukturen im April in Budapest an.

Leutheusser-Schnarrenberger berichtete ihren europäischen Kollegen, dass die Umsetzung der Cybercrime-Konvention des Europarates in deutsches Recht sich noch nicht in einer größeren Zahl von Verfahren oder gar Verurteilungen niedergeschlagen habe. Es sei problematisch, "überhaupt diejenigen zu ermitteln, die sich unterschiedlicher Formen kriminellen Handelns im Netz bedienen". Leutheusser-Schnarrenberger verwies auf die in dieser Woche angekündigte Einrichtung des Cyber-Abwehrzentrums und des Cybersicherheitsrates. Es seien Einheiten geplant, in denen nicht nur die Fachleute aus behördlichen Institutionen sitzen, sondern auch die Wirtschaft vertreten sein sollen.

Harald Summa, Geschäftsführer des eco-Verbands, sagte gegenüber heise online, auf Seiten der Internetwirtschaft gebe es derzeit "noch kein klares Gefühl dafür, inwieweit Unternehmen in diese Aktivitäten eingebunden werden sollen". Noch hätten die Stellen, am Abwehrzentrum beteiligt werden sollen, nicht bei der Wirtschaft angeklopft. (anw)