Netzneutralität: Die Laune der Freiheit oder die Neutralität und ihr Preis

Hätten die Netzbetreiber ihre Netze rechtzeitig geplant und aufgebaut, hätten sie also ihre eigentliche Aufgabe wahrgenommen, gäbe es keine nennenswerte Diskussion um Netzneutralität, meint der Geschäftsführer des City-Carriers wilhelm.tel.

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Von
  • Theo Weirich

Was haben Internet-Netzbetreiber mit dem real existierenden Sozialismus gemeinsam? Ganz einfach – wenn sie nicht mehr weiter wissen, verwalten sie den Mangel. Beide haben ihre vorhandene Infrastruktur herunter gewirtschaftet und vernachlässigt.

Dies führt zu absurden Verteilungssystemen, die privilegierte Nutzer bevorzugen und den gemeinen Subscriber auf die ideale Zukunft vertrösten. Da werden mit propagandistischen Attitüden paradiesische Welten und Möglichkeiten versprochen und Illusionen gegen die Wirklichkeit produziert – Illusionen einer multimedialen Welt, die dann im Stau des Netzes stecken bleibt, um es genau zu sagen.

Denn allein es fehlt die Bandbreite. Diese aufzubauen wurde lange verschlafen. Hätten die Netzbetreiber ihre Netze mit der notwendigen Voraussicht rechtzeitig geplant und aufgebaut, hätten sie also ihre eigentliche Aufgabe wahrgenommen, gäbe es keine nennenswerte Diskussion um Netzneutralität.

Stattdessen will man ein Mautsystem für Internetautobahnen einführen. Wer zahlt, bekommt schnellen Zugang, wer nicht, holpert über Schlaglöcher. Das Fatale an dieser Entwicklung ist, dass der Netzaufbau mit schnellen Glasfaseranschlüssen jetzt erst recht auf die lange Bank geschoben wird, weil man die alten Leitungen länger nutzen kann.

Die zusätzlichen Erlöse verschönern dann die Bilanz oder dienen, wie jetzt schon zu beobachten, zu Preisschlachten um Marktanteile. Das Geld holt sich der Provider indirekt über den Inhalteanbieter vom Kunden. Der direkte Weg, sich mit dem Kunden auseinander zu setzen, wird damit umgangen – der stört nur und will immer nur das Eine.

Ist aber die Idee eines diskriminierungsfreien Informationsaustausches erst einmal vorbei, unterliegen die Menschen in Zukunft dem Konsum-Diktat einiger Zentralorgane. Sind wir diesem Treiben hilflos ausgeliefert? Nein, nicht ganz!

Das Internet ist eine Laune der Freiheit, es ist die kultivierte Anarchie gegen jede Obrigkeit und Bevormundung, sei es durch Regierungen oder Konzerne. Es beheimatet die Avantgarde der Informationsgesellschaft ebenso wie die widerspenstigen Quertreiber aus Hackerkreisen. Diese Freiheit ist ein Stück Menschenrecht, auf das wir pochen müssen.

Es wird Zeit, dass einige Leute das tun, was sie schon immer hätten tun sollen, nämlich sich auf ihren Job konzentrieren und Netze bauen. Die Kupferzeit ist am Ende, doch Mangel und Mangelverwaltung sind kein Naturgesetz. Jetzt muss der Systemwechsel zur Glasfaser vollzogen werden. (anw)