Die Woche: Das Linux in Android

Dass jeder Hersteller Googles Smartphone- und Tablet-System nehmen und auf seine Geräte packen darf, beschert Android-Usern eine breite Geräteauswahl. Für Entwickler ist diese "paradiesische Vielfalt" jedoch oft eine Herausforderung.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andrea Müller

Android hat vor allem deshalb so schnell Marktanteile bei den Smartphone-Betriebssystemen gewonnen, weil jeder Gerätehersteller das System ohne Zahlung von Lizenzkosten nehmen und an seine Geräte anpassen kann. Daher findet man Android – anders als Apples iOS, das exklusiv nur auf Apple-Hardware läuft – auf vielen unterschiedlichen Geräten. Für den Benutzer hat diese große Auswahl enorme Vorteile, da für fast jeden Geldbeutel und jeden Geschmack etwas dabei ist. Großes Display, schnelle Grafik, besonders klein und leicht, mit Tastatur oder Trackball – all das findet man im Android-Geräteangebot.

App-Entwickler haben dagegen mit dieser Vielfalt oft zu kämpfen. Zwar können Sie beim Einstellen eines Programms in den Market entscheiden, für welche Display-Größen und Android-Versionen es sichtbar sein soll, mehr aber auch nicht. Eine von einem Freizeitprogrammierer auf dem Nexus entwickelte App läuft noch lange nicht auf dem Galaxy Tab von Samsung. So gelingt es beispielsweise der Pulsmessungs-App Instant Heart Rate nicht, auf dem Galaxy Tab das Blitzlicht einzuschalten und damit gibts auch keine Pulsmessung. Freie Entwickler sind vor solchen Unwägbarkeiten genauso wenig gefeit wie Softwarehersteller, aber letztere können sich zumindest die Anschaffung mehrerer Testgeräte leisten.

Bei nahezu jeder App im Market findet man in den Kommentaren Beshwerden von Benutzern, auf deren Gerät sie nicht läuft – häufig mit Angabe des Modells und immer mit schlechter Bewertung obendrauf. Wie soll man auch Software anders bewerten, wenn sie nicht tut, was sie soll oder den Start verweigert? Melden sich gleich mehrere Nutzer mit identischen Problemen und Geräten, häufen sich die schlechten Bewertungen, die Software verliert immer mehr Sternchen und wird bei den Suchergebnissen nur noch unter ferner liefen gelistet – obwohl sie auf anderen Android-Geräten vielleicht ganz prima funktioniert.

Doch die Hardware-Vielfalt ist nicht das einzige Problem für Entwickler; die Android-Software-Welt ist ähnlich bunt. So gibt es inzwischen nicht nur sieben Versionen des Android-Betriebssystems von Android 1.5 bis 3.0, von denen Version 2.2 mit 61,3 Prozent am weitesten verbreitet ist; für Entwickler gilt es zudem, noch zwischen den ROMs der Hersteller und denen der Telefonanbieter zu unterscheiden. So erläuterte Chris Fagan, Mitgründer der Software-Firma Froogloid, schon 2009 im Gespräch mit Wired, dass eine App, die auf einem Gerät mit dem Hersteller-ROM perfekt läuft, einem mit Carrier-ROM um die Ohren fliegen kann. So seien sie statt mit der Erstellung von Feature-Updates hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, ihre Apps auf möglichst vielen Geräten und ROMs zum Laufen zu bringen.

Wer hier denkt "Das ist ja wie bei Linux", liegt nicht ganz falsch: Auch dort stehen Anbieter kommerzieller Software vor ähnlichen Hürden. Was unter OpenSuse 11.1 läuft, tut mit 11.4 oder gar Debian noch lange nicht. Aus diesem Grund scheuen viele kommerzielle Anbieter von Desktop-Software eine Linux-Portierung ihrer Programme; und die, die es wagen, geben häufig schnell wieder auf, wie Corel, das im Jahr 2000 Corel Draw für Linux veröffentlichte. Android jedoch ist anders als Linux inzwischen ein Massenmarkt, und zwar einer auf Wachstumskurs. Das trägt dazu bei, dass App-Anbieter ob der Vielfalt nicht genervt das Handtuch werfen, sondern sich den Herausforderungen des Android-Ökosystems stellen. (amu) (amu)