Korrektur an geplanten Strafvorschriften zu geistigen Eigentumsrechten gefordert

Der Industrieausschuss des EU-Parlamentes hat sich für Änderungen an der EU-Richtlinie zur strafrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte eingesetzt, durch die Patentverletzungen nicht erfasst werden sollen.

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Der Industrieausschuss des EU-Parlamentes hat sich am gestrigen Dienstag für umfassende Änderungen am umstrittenen Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie zur strafrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte eingesetzt. Demnach sollen gemäß den Empfehlungen des grünen Berichterstatters David Hammerstein unter anderem Patentverletzungen nicht mehr erfasst werden. Darüber hinaus plädieren die Abgeordneten dafür, die geplanten Strafvorschriften auf die "Bekämpfung und Abschreckung bewusster Verletzungen geistiger Eigentumsrechte im gewerbsmäßigen Ausmaß" zu beschränkten. Die Änderungsvorschläge führen dazu aus, dass die Taten unter der Ägide einer "kriminellen Vereinigung" begangen worden sein oder "ein Gesundheits- oder Sicherheitsrisiko" in sich tragen müssen. So soll verhindert werden, dass die strengen Vorkehrungen auch private Verletzer geistiger Eigentumsrechte treffen könnten.

Der Vorschlag für einen neuen Artikel 1 der Richtlinie besagt, dass allein "bewusste Verletzungen von Markenzeichen oder Urheberrechtspiraterie" kriminalisiert werden sollen. Der "nicht auf Gewinn zielende Austausch legal erworbener Inhalte zwischen Individuen" müsse außen vor bleiben, fordern die Wirtschaftspolitiker. Darüber hinaus drängen sie darauf, dass Schlüsselbegriffe wie "Fälschungen" näher definiert werden. Entschärft werden soll auch eine besonders umkämpfte Klausel im Kommissionsentwurf, wonach Rechtehalter oder ihre Vertreter gemeinsam mit Strafverfolgern gemeinsame "Ermittlungsteams" bilden und etwa bei Hausdurchsuchungen gemeinsam vorgehen dürfen. Gemäß den Änderungsvorschlägen ist vorgesehen, dass die Wirtschaftsakteure den Ermittlergruppen allein Informationen liefern können. Darüber hinaus soll der Staat, der etwa über gewährte Lizenzrechte in der Regel gar nicht im Bilde ist, nicht einseitig die Untersuchung eines betroffenen Rechts einleiten dürfen.

Der ursprüngliche Kommissionsentwurf will alle Mitgliedsstaaten verpflichten, "jedwede vorsätzliche Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums strafrechtlich zu ahnden, sofern die Verletzung in gewerbsmäßigem Umfang begangen wird". Dies soll auch "für den Versuch, die Beihilfe, die Anstiftung zu solchen Rechtsverletzungen" gelten. Die strafrechtlichen Maßnahmen beziehen sich laut dem Papier der Brüsseler Behörde nicht nur aufs Urheberrecht, sondern auch aufs Patent-, Marken- und Gebrauchsmusterrecht sowie das Halbleiterschutzgesetz. Die Strafhöhen reichen von 100.000 Euro für einfache Vergehen über 300.000 Euro für besonders schwere Straftaten bis zu Gefängnisstrafen von bis zu vier Jahren für "Taten, die im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen werden" oder "von denen eine Gefährdung für die Gesundheit oder Sicherheit für Personen ausgeht".

Der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) hat in einer ersten Reaktion begrüßt, dass Patente nicht mehr in den Bereich der Richtlinie fallen sollen. Gleichzeitig monierte er aber, dass auch mit den ins Spiel gebrachten Verbesserungen einige "normalen Konflikte im Geschäftsbereich" nach wie vor kriminalisiert werden könnten. So wären etwa reguläre Markenrechtsstreitigkeiten weiterhin von den Strafvorschriften bedroht. Der Begriff der "Urheberrechtspiraterie" werde zudem nicht näher erläutert, sodass der Text nach wie vor nicht in Einklang mit "fundamentalen Rechtsprinzipien" zu bringen sei.

So sei etwa fraglich, meint der FFII, ob Managern der Deutschen Bahn angesichts ihrer am gestrigen Dienstag gerichtlich bestätigten Eingriffe in das Urheberrecht des Architekten des Berliner Hauptbahnhofs künftig hohe Geld- oder Haftstrafen drohen könnten. Das Landgericht Berlin gab in erster Instanz der Klage von Meinhard von Gerkan statt, der die Entfernung einer Flachdecke im Untergeschoss des Prestigeprojekts verlangt hatte. Die Interessen des Urhebers an seinem geistigen Werk habe Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen der Eigentümerin, befanden die Richter. Die Bahn geht von Mehrkosten in Höhe von 40 Millionen Euro durch die verlangten Änderungen aus. Mit dem Kommissionsentwurf wird sich im Lauf des nächsten Monats zunächst der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten und Inneres des EU-Parlaments sowie in Folge der federführende Rechtsausschuss beschäftigen.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)