Bundestag ringt um "Breitband für alle"

In der ersten Lesung des Entwurfs für ein neues Telekommunikationsgesetz stritten die Abgeordneten unter anderem um die mögliche Verpflichtung der Provider, alle Haushalte mit einem leistungsfähigen Breitbandanschluss zu versorgen.

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Der Deutsche Bundestag hat sich am Donnerstag erstmals mit dem Entwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz (TKG) beschäftigt. Größter Streitpunkt der ersten Lesung des Entwurfs der Bundesregierung war die mögliche Verpflichtung von Internetprovidern, alle Haushalte mit einem leistungsfähigen Breitbandanschluss auszustatten. Der IT-Beauftragte der CDU/CSU-Fraktion, Georg Nüßlein, hält die Diskussion angesichts eines "absehbaren Marktversagens" für nötig. Es gehe darum, das "letzte Delta" bei der Breitbandversorgung zuzumachen und Strukturdefizite zwischen Stadt und Land auszugleichen.

Stein des Anstoßes ist ein Positionspapier der Union zum Breitbandausbau, das derzeit von der Fraktion intern beraten wird. Demnach soll zum 1. Januar 2012 eine Universaldienstauflage eingeführt werden, mit der Internetanbieter verpflichtet werden, alle Haushalte mit zunächst mindestens 16 MBit/s zu versorgen. Teile der Union wollen diese Vorgabe vier Jahre später auf 50 MBit/s anheben. Nüßlein verteidigte den Ansatz mit einem Verweis auf den Breitbandatlas der Regierung, wonach bundesweit schon Ende 2010 für 67 Prozent der Haushalte Bandbreiten bis zu 16 MBit/s zur Verfügung gestanden hätten.

"Das Breitband von heute ist das Schmalband von morgen", sagte der CSU-Politiker. Mobiles Breitband über die neue LTE-Funkgeneration weise zwar auch in die richtige Richtung. Es sei aber abzuwarten, ob die Technologie bei den geforderten Bandbreiten tatsächlich mitwachse. Zur Finanzierung des Konzepts "Breitband für alle" brachte Nüßlein ein "Umlagesystem" ins Spiel. Beobachter gehen bei einem ausgemachten Bedarf von rund 40 Milliarden Euro von monatlichen Aufschlägen auf jeden Telefonanschluss in Höhe von rund 4 Euro aus.

In der Koalition ist der Vorstoß umstritten. Hans-Joachim Otto (FDP) warb für einen "cleveren Technologiemix" zur Schließung der weißen Flächen bei der Breitbandversorgung. Der Entwurf setze auf eine Stärkung des Wettbewerbs, der Investitionsanreize und der Kooperationsmöglichkeiten. Es sei realistisch, mit diesem Ansatz 75 Prozent der Haushalte mit Breitbandanschlüssen mit 50 MBit/s zu versorgen. Auch der CDU-Politiker Andreas Lämmel geht davon aus, dass eine hundertprozentige Abdeckung "über den freien Wettbewerb" zu erreichen sei.

Prinzipielle Unterstützung erhielt Nüßlein von der Linken Johanna Voß, die sich mittelfristig für "flächendeckende Glasfasernetze" aussprach. Auch die SPD liebäugelt mit einer Universaldienstverpflichtung. Dabei sei aber eine Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden und auf eine technologieneutrale Ausgestaltung zu achten, meinte Martin Dörmann. Die maximale Bandbreite habe sich laut EU-Recht an der Größe zu orientieren, die von der Mehrheit der Kunden bereits genutzt werde. Der Sozialdemokrat setzte sich ferner für eine "gesetzliche Absicherung der Netzneutralität" ein, um die Innovationskraft des Internets zu erhalten.

Ins gleiche Horn stieß Christine Scheel von den Grünen, die noch "Verbesserungsbedarf beim Verbraucher- und Datenschutz" sah. Die vorgesehene Übergangsfrist von einem Jahr bei der Kostenfreistellung von Warteschleifen "ärgert die Leute" ihrer Ansicht nach "ohne Ende". Eine Verpflichtung zur Preisansage bei Call by Call dürfe nicht einer späteren Rechtsverordnung überlassen werden, sondern müsse gleich ins Gesetz aufgenommen werden. "Breitband für alle" mit 50 MBit/s vorzuschreiben, hielt Scheel nicht für realistisch. Mit solchen "Schnellschüssen" würde nur die Wirtschaft "verunsichert". (vbr)