Die Zukunft der Festplatte

Ein Prototyp-Laufwerk mit so genanntem Phasenwechsel-Speicher soll schon heute Standard-Flash-Medien schlagen können.

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Von
  • Tom Simonite

Ein Prototyp-Laufwerk basierend auf Phase-Change-Chips soll schon heute Standard-Flash-Medien schlagen können.

Forscher an der University of California in San Diego (UCSD) haben ein Labormodell eines Phasenwechsel-Speichermediums entwickelt, das bereits jetzt konventionelle Flash-Medien überholen kann. Die Wissenschaftler hoffen, mit dem Ansatz in einigen Jahren Rechnern erneut eine deutliche Geschwindigkeitssteigerung zu ermöglichen, die bereits jetzt mit SSDs (Solid State Disks) auf Flash-Basis schneller laufen als mit herkömmlichen Festplatten.

Der Prototyp, den die UCSD-Forscher Onyx getauft haben, ist das erste Gerät, dessen Phasenwechsel-Speicher in Festplattenkonfiguration öffentlich gebenchmarkt wurde. Verschiedene Firmen arbeiten an Phase-Change-Chips, doch Informationen zu tatsächlichen Produkten fehlen bislang.

"Die Technik ist noch nicht ganz für die Massenproduktion geeignet und entwickelt sich weiter, aber so dürften Solid-State-Laufwerke in den nächsten Jahren wohl aussehen", ist sich Steve Swanson sicher, der zusammen mit einem kleinen Team das Onyx-System entwickelte. Noch ist die Kapazität eher gering: 8 Gigabyte testeten die Forscher. Der Prototyp trat gegen eine High-End-Flash-SSD mit 80 Gigabyte an, die im Servermarkt eingesetzt wird.

Beim Schreiben kleiner Datenmengen in Kilobyte-Größe überholte Onyx das kommerzielle System deutlich: es war 70 bis 120 Prozent schneller. Gleichzeitig verursachte das Phasenwechsel-Medium deutlich weniger Prozessorlast. Auch im Lesetest erwies sich das Gerät als wesentlich schneller, egal bei welcher Blockgröße. Swanson glaubt, dass die Technik sich etwa gut im Serverbereich für Web-2.0-Anwendungen eignet, wo große Datenmengen auf kleine Lese- und Schreiboperationen treffen. Noch gibt es allerdings Probleme beim Schreiben großer Datenmengen: Hier unterlag Onyx der konventionellen High-End-Flash-SSD.

Die von dem UCSD-Team eingesetzten Phasenwechsel-Chips sind Vorserienmodelle und stammen von Micron, einem Speicherspezialisten, der gerade an der Kommerzialisierung der Technik arbeitet. Phasenwechsel-Medien speichern Daten auf einem Spezialglas mit kleinen Hitzeimpulsen, bei denen sich Bereiche des Materials zwischen zwei Phasen bewegen. Diese repräsentieren 0 und 1. In einer Phase befinden sich die Atome des Glases in einem geordneten Kristallgitter, in der anderen in einer amorphen, chaotischen Anordnung.

Die Leistungsfähigkeit von Onyx ergibt sich aus der Tatsache, dass der Schreibprozess bei Phase-Change-Chips deutlich einfacher abläuft als bei herkömmlichen Flash-Speichern, die mit elektrischen Ladungen arbeiten. Flash-Chips können einzelne Informationsbits (also 0 oder 1) nicht auf Wunsch neu beschreiben. Stattdessen werden Daten in Form sogenannter Pages mit einer festgelegten Größe gelöscht, bevor die gewünschten Daten neu geschrieben werden können. Das schränkt die maximal erzielbare Geschwindigkeit ein. "Man benötigt stets eine Firmware, die Buch darüber führt, welche Daten wo geschrieben wurden. Phasenwechsel-Speicher arbeiten dagegen auf Zuruf bis in das einzelne Datenbit hinein", sagt Swanson.

Sudhanva Gurumurthi, der an der Technik für das Virginia Institute of Technology forscht, hält den Onyx-Prototypen für einen guten Demonstrator der Möglichkeiten. "Es wird viel an Simulationen geforscht, die zeigen, wie ein solches System arbeiten würde, doch Onyx lässt sich nun in seiner gesamten Komplexität richtig testen." Nun komme es noch darauf an, zu welchem Preis die Technik verkauft werden könne.

Gurumurthi hält vor allem kombinierte Flash- und Phase-Change-Medien für interessant, weil diese den Markteintritt beschleunigen könnten. Als Erstes würde die Phasenwechsel-Technik vermutlich als Zwischenspeicher verbaut. Schon ein kleiner Puffer dieser Art könne Flash-SSDs schneller machen. "Die Leistung steigt dabei signifikant", so Gurumurthi unter Berufung auf erste Simulationen. (bsc)