Wikimedia Foundation macht Trippelschritte

Bei der Wahl von drei Vorstandsmitgliedern der Wikimedia Foundation haben sich die bisherigen Amtsinhaber durchgesetzt. Der Vorstand muss sich nun der Expansion und verschiedenen Langzeit-Baustellen innerhalb der Wikipedia-Community widmen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 121 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Obwohl die Abstimmung mehrere Wochen dauerte und alle Wahlberechtigten vor Wahlschluss angeschrieben wurden, beteiligten sich nur 3495 Community-Mitglieder an der Abstimmung. Das ist zwar ein wenig mehr als bei der vorhergehenden Wahl im Jahr 2009, aber angesichts von schätzungsweise 80000 bis 90000 aktiven Autoren allein in der Wikipedia sehr wenig.19 Bewerber waren für die Wahl von drei Vorstandssitzen angetreten. Die bisherigen Amtsinhaber Ting Chen, Samuel Klein und Kat Walsh setzten sich durch. Insgesamt gehören dem Vorstand zehn Mitglieder an, die gemeinsam den Kurs der Online-Enzyklopädie Wikipedia und seiner Schwester-Projekte bestimmen.

Die Arbeit der Foundation hat im vergangenen Jahr nur wenig greifbare Fortschritte gemacht. Nach den im vergangenen Jahr in Berlin vorgestellten ambitionierten Plänen zur Öffnung mehrerer Büros in Entwicklungsländern wurde das als Vorzeige-Projekt geplante Wikimedia-Büro in Indien bis heute nicht eröffnet. Auch auf technischer Seite tut sich relativ wenig: So warten die Wikipedia-Autoren immer noch auf das seit Jahren angekündigte neue Forensystem, das die unübersichtlichen Diskussionsseiten ablösen soll. Auch der Wysiwyg-Editor, der vor allem Einsteigern das Mitarbeiten in der Wikipedia erleichtern soll, steht noch aus. Stattdessen hat die Wikimedia Foundation die Entwicklung eines mobilen Interfaces priorisiert, das Wikimedia-Inhalte besonders in Entwicklungsländern einfacher zugänglich machen soll. Ein Prototyp der Mobiloberfläche ist gerade im Praxistest.

Gleichzeitig arbeitet Wikimedia immer noch diverse Konflikte innerhalb der Community auf. So hat der Vorstand Ende Mai Konsequenzen aus dem Streit um vermeintlich pornografische Bilder gezogen. In einer Resolution beschloss der Vorstand die Einrichtung eines nutzerautonomen Filters, der Lesern ermöglichen soll, Bilder auszublenden, die sie als anstößig empfinden. Gleichwohl soll auf Wikimedia-Projekten nicht zensiert werden. Die Community wird aufgefordert, Inhalte nach ihrem erzieherischen Wert auszusuchen und Leser nicht mit unerwarteten Inhalten vor den Kopf zu stoßen. So hatte gerade die deutschsprachige Wikipedia immer wieder mit freizügigen Inhalten auf der Startseite für Streit gesorgt. Wann der Jugendschutzfilter tatsächlich umgesetzt wird, ist unklar. Damit ein Filter funktionieren kann, muss die Community die entsprechenden Dateien in vorher bestimmte Kategorien einsortieren. Wann das Projekt umgesetzt wird, ist jedoch unklar.

Ein unerwarteter Erfolg wurde hingegen das GLAM-Projekt, bei dem Wikipedianer auf der ganzen Welt Kooperationen mit Gallerien und Museen suchen. Inzwischen haben mehrere angesehene Institutionen wie das Museum of Modern Art in New York oder das Château de Versailles Kooperationen mit Wiki-Aktivisten geschlossen, die die Sammlungen in Wikipedia und seine Schwesterprojekte überführen.

Bei Wikimedia Deutschland werden unterdessen die Aktivitäten neu sortiert. So wurde das Community-Budget aufgestockt, um die Arbeit von freiwilligen Wikipedia-Autoren zu unterstützen. Die bisher jährlich verliehene Zedler-Medaille, mit der Artikel zu wissenschaftlichen Themen ausgezeichnet wurden und die für eine verstärkte Beteiligung von Wissenschaftlern werben sollte, wird wegen mangelnder Resonanz neu konzipiert. Die Medaille soll in Zukunft für "herausragende Leistungen, Artikel, Redaktionen, Aktivitäten und Projekte innerhalb, aber auch außerhalb der Wikipedia und des Wikimedia-Universums" verliehen werden. (ea)