Wer keinen Spaß hat, hat keine Ideen - zum Tode von Al Shugart

Als Erfinder des Shugart-Busses und der SCSI-Schnittstelle sowie als Miterfinder der Floppy Disk gehört Shugart zu den Personen, die die Entwicklung des Personal Computers maßgeblich prägten.

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Von
  • Detlef Borchers

Im Alter von 76 Jahren ist Al Shugart in San Francisco nach einer Herzoperation gestorben. Der Restaurantbesitzer und Hobby-Politiker arbeitete zuletzt als Risikokapitalist. Als Erfinder des Shugart-Busses und der SCSI-Schnittstelle sowie als Miterfinder der Floppy Disk gehört Shugart zu den Personen, die die Entwicklung des Personal Computers maßgeblich prägten.

Al Shugart wurde am 27. September 1930 in Los Angeles geboren. Seine alleinerziehende Mutter gewährte ihm im sonnigen Kalifornien die Freiheit, alle Dinge auszuprobieren, vom Wellenreiten bis zum Amateurfunk. Seine schulische Ausbildung beendete er 1951 mit einem Ingenieursabschluss in Physik an der kalifornischen Redlands University, um einen Tag später als Ingenieur bei IBM anzufangen. Hier arbeitete er 18 Jahre an der Verbesserung der Speichertechnologie mit. So leitete er das Team, das die IBM 1301 und die IBM 2321 entwickelte. Als er 1969 zu Memorex wechselte und dort Vizepräsident der Produktentwicklung wurde, nahm er 200 Ingenieure mit. Bei Memorex arbeitete Shugart zusammen mit Finis Connor (später Connor Peripherals) daran, die Festplattentechnik zu miniaturisieren. Shugart verließ Memorex im Jahre 1973 und gründete Shugart Associates, um seine Idee der Floppy-Disk zu realisieren. Ende 1974 verließ Shugart die Firma und war praktisch pleite, weil er seine Anteile an Shugart Associates nicht verkaufen konnte; die Firma war damals noch nicht an der Börse notiert. Shugart versuchte sich im kommerziellen Fischfang und investierte in eine Bar, die etliche Jahre später zu einem beliebten Feinschmecker-Restaurant wurde. Zeitweilig kassierte er Arbeitslosenunterstützung. Zum Arbeitsamt fuhr er in einem gemieteten Porsche: "Im Silicon Valley musst du erfolgreich aussehen, sonst bist du unten durch", gehört zu den Lebensweisheiten Al Shugarts, die er später in einem Buch niederschrieb.

1979 gründete Shugart die Firma Shugart Technologies, die er in Seagate Technology umbenennen musste, als Xerox seine alte Firma Shugart Associates aufkaufte. Seagate spezialisierte sich auf kleine Festplatten und wuchs alsbald zum wichtigsten Festplatten-Hersteller. Als Seagate 1981 an die Börse geht, bekam Shugart 1,2 Millionen Dollar. Das Geld gab er noch am selben Tag aus: Er bezahlte seine Schulden und kaufte seiner Frau einen roten Ferrari. "Wer keinen Spaß hat, hat keine Ideen", lautete seine lapidare Begründung. Neben seiner Arbeit bei Seagate engagierte sich Shugart in der Lokalpolitik und im Tierschutz. Verärgert über zahlreiche bürokratische Hürden nominierte er 1996 seinen Hund Ernest als Kandidat für die amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Die skurrile Kampagne "Ernest goes to Washington" fand reichlich Beachtung, weil sie die Verknöcherung des Systems aufdeckte. Aus der Kampagne entstand "Friends of Earnest", eine anerkannte Bürgerrechtsinitiative, die als "watchdog" Wahlen und Wahlmaschinen überwacht. 2001 kandidierte Al Shugart erfolglos für einen Sitz im kalifornischen Kongress.

Im Jahre 1998 wurde Shugart bei Seagate Technology gefeuert. Er gründete Shugart International als Firma, die in junge Unternehmen investiert. "Kapital ist wichtiger als deine Mutter", lautet eine weitere shugartsche Lebensweisheit, die er als "Als Gesetz" verkündete. Mit Investitionen in Gründungen wie SanDisk und Cypress hatte Shugart Glück. Weniger Glück war ihm mit dem 1999 gegründeten "Entrepreneurs Forum" beschieden, einer kleinen Messe, die er parallel zur Comdex für Personen unter 18 Jahren startete, die nicht auf die damals bereits dahinsiechende Comdex durften.

Obwohl Al Shugart vom Mainframe kam, gehörten seine Gründungen Shugart Associates und Seagate Technology zu den Firmen, die den Personal Computer möglich machten. Im Jahre 1974 während seiner Zeit bei Shugart Associates schenkte Shugart dem jungen Lehrer und Programmierer Gary Kildall ein ausgeleiertes Floppy-Laufwerk, das einen 10.000 Stunden langen Dauertest hinter sich hatte. Kildall, der keine 500 Dollar für ein solches Laufwerk hatte, vom teuren Controller ganz zu schweigen, baute einen Controller. Danach schrieb er mit CP/M ein Betriebssystem für den Intel 8080, das die Floppy-Disk unterstützte. 1977 analysierte Steve Wozniak ein Shugart-Laufwerk samt Controller und entschlackte das Controller-Design um die vom Großrechner stammende Steuerungslogik: Apple ließ danach bei der japanischen Alps für 80 Dollar ein Floppy-Laufwerk samt Controller bauen, das für 495 Dollar verkauft werden konnte. Der Apple ][ wurde so von einem Hacker-Spielzeug zu einem Rechner verzaubert, den jedermann bedienen konnte. Ganz nebenbei sanierte das Laufwerk die Finanzen von Apple. (Detlef Borchers) / (jk)