Innenministerium setzt auf Datenschutz-Selbstkontrolle von Facebook

Hans-Peter Friedrich und Vertreter von Facebook haben verabredet, die Sicherung der Privatsphäre der Nutzer des sozialen Netzwerks sowie den Jugendschutz mit einem Selbstregulierungskodex voranzutreiben. Datenschützer reagierten erbost.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 136 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will Facebook noch eine Chance geben, den Datenschutz in dem sozialen Netzwerk in Eigenregie zu verbessern. Der Unions-Politiker vereinbarte bei einem Gespräch mit Vertretern des US-Konzerns am heutigen Donnerstag laut einer Mitteilung seines Hauses, die Sicherung der Privatsphäre der Nutzer der Plattform zunächst weiter mit Selbstregulierung zu stärken. Er strebe einen "allgemeinen Kodex" für Social Networks an, betonte Friedrich. Der Kodex solle auch Regelungen zur Datensicherheit und für "sichere Identitäten" enthalten, den Verbraucher- und Jugendschutz sowie allgemeine Fragen wie zur Medienkompetenz der Nutzer abdecken.

Die Betreiber der hiesigen Netzwerke StudiVZ sowie SchülerVZ, Lokalisten und wer-kennt-wen.de unterzeichneten bereits 2009 einen Verhaltenskodex unter dem Dach der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM). Dazu zählen strengere Voreinstellungen der Privatsphäre bei Netznutzern im Alter unter 14 Jahren, auch werden Profile Jugendlicher vor externen Suchmaschinen abgeschottet. Die FSM veröffentlichte jüngst Teile einer Evaluierungsstudie (PDF-Datei), der zufolge die Anbieter das Übereinkommen "umfangreich" umsetzen und so vor allem im Datenschutz und in der Nutzeraufklärung "sehr gute Ergebnisse" erzielt hätten.

Facebook schloss sich vor zwei Jahren der Selbstregulierungsinitiative nicht an. Richard Allan, der bei Facebook für die Pflege der Öffentlichkeitsbeziehungen in Europa zuständig ist, versicherte nun, dass sein Unternehmen derlei unterstütze. Es könne ein "sehr effektiver Weg sein, um die Interessen der Internetnutzer zu schützen". Facebook gebe seinen Mitglieder schon jetzt Werkzeuge in die Hand, mit denen sie die Verwendung ihrer persönlichen Daten kontrollieren könnten. Die damit gemachten Erfahrungen "bringen wir gerne in die Entwicklung gemeinsamer Branchenstandards ein", sagte Allan.

Das Innenministerium sieht vor diesem Hintergrund die momentane Diskussion über die Geltung deutschen Datenschutz- und Telemedienrechts für Facebook "deutlich entschärft". Die Kalifornier, die ihren Sitz in der EU in Dublin haben, sehen irische Gesetze als maßgebend für ihre Geschäftstätigkeiten in ganz Europa an. Datenschützer drängen dagegen darauf, dass sich Facebook an die EU-Vorgaben insgesamt hält. Aktuell kocht die bereits langfristige Auseinandersetzung am Streit über den Like-Button der Plattform erneut hoch. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) zog voriges Jahr aus einem Gespräch mit Allan andere Konsequenzen als ihr Parteikollege: Sie meldete sich aus dem Netzwerk ab, da es nicht akzeptabel sei, dass dieses gegen geltendes Datenschutzrecht verstoße.

Der Innenminister sagte nun, grundsätzliche Fragen müssten auf europäischer Ebene entschieden werden. Dabei verwies er auf den laufenden Vorstoß zur Reform der allgemeinen Datenschutz-Richtlinie in Brüssel. Da die Verhandlungen darüber aber noch lange dauerten, sei es sinnvoll, auf Selbstregulierung zu setzen. Solche Übereinkommen schafften Transparenz und legten Rechte sowie Beschwerdeverfahren fest. Sie würden kontrolliert und sanktioniert und seien flexibler als Gesetze.

[Update]:
Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein (ULD) und mit seinem Vorgehen gegen Facebook Auslöser für die aktuelle Debatte um Datenschutz bei Like-Buttons und Fan-Pages, zeigte sich nicht gerade begeistert vom Vorgehen des Innenministers. In einer Erklärung heißt es, Weichert sei irritiert von der Erklärung Friedrichs, wonach nach einem Gespräch mit Richard Allan von Facebook „die Diskussion, inwieweit deutsches Datenschutz- und Telemedienrecht für Facebook gilt, deutlich entschärft“ sei.

"Mir ist nicht klar, auf welcher rechtlichen Basis und aufgrund welcher realen Kenntnisse Herr Friedrich eine Diskussion entschärfen könnte. Er sollte als Bundesdatenschutzminister zumindest dafür eintreten, dass die geltenden Regelungen eingehalten werden" Der Verhaltenskodex für Internet-Panoramadienste, der vom IT-Branchenverband Bitkom initiiert worden sei, sei ein Beispiel, wie es nicht gehe. "Herr Friedrich sollte seine Hausaufgaben machen und endlich einen validen Entwurf zum Datenschutzrecht zum Internet vorlegen und sich nicht in Dinge einmischen, für die er nicht zuständig ist. Sinnvolle Gesetzesvorschläge liegen vor und müssen diskutiert und vorangebracht werden“, kommentierte Weichert – auch unter Verweis auf die Zuständigkeit der Landesaufsichtsbehörden für den Datenschutz – doch recht erbost das Vorgehen Friedrichs.
(anw)