Innenminister Friedrich widerspricht EU-Plänen zur Datenschutzmodernisierung

Nach der Ankündigung der Europäischen Kommission, Ende Januar einen Vorschlag für eine Verordnung zum Datenschutz vorzulegen, regt sich aus Berlin offenbar Widerstand.

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Von
  • Tim Gerber

Die Pläne der Europäischen Kommission, im Zuge einer Neufassung der Richtlinie den Datenschutz in Europa stärker als bisher zu vereinheitlichen, haben Widerspruch bei Bundesinnenmister Hans-Peter Friedrich (CSU) erregt. Nachdem die Kommission angekündigt hatte, Ende Januar ihren Entwurf vorzustellen, habe es "hektische Telefonate" zwischen Berlin und Brüssel gegeben. Das berichtet der Spiegel in seiner kommenden Ausgabe. Dem Innenminister gingen die Pläne der Kommission deutlich zu weit, meldet das Blatt. Er beklage vor allem, dass weitere Kompetenzen auf die Brüsseler Behörde übergehen sollen.

Damit stünde er jedoch im Widerspruch zu seiner für den Verbraucherschutz zuständigen Parteifreundin Ilse Aigner. Sie hatte erst Ende Dezember gemeinsam mit Reding gefordert , dass Unternehmen, die ihre Dienste an die europäischen Verbraucher richten, direkt dem Datenschutzrecht der EU unterliegen sollen.

Will Datenschutz in der EU vereinheitlichen: Kommissionsvizepräsidentin Viviane Reding

Der Vorstoß der Kommission kam nicht überraschend. Bereits vor über einem Jahr hatte sie angekündigt, die in die Jahre gekommene Datenschutzrichtlinie zu überarbeiten. Das derzeitige Datenschutzrecht in der Union sei "ein Flickenteppich" aus unterschiedlichen einzelstaatlichen Vorschriften, hatte die für Justiz und Grundrechte zuständige Kommissarin Viviane Reding des öfteren betont. Deshalb müssten die Datenschutzbehörden gestärkt und ihre Aufgaben und Befugnisse harmonisiert werden. Ferner bedürfe es einer besseren Zusammenarbeit und Abstimmung, um eine konsequente Anwendung der Datenschutzbestimmungen in der EU zu gewährleisten. Bislang sind die Mitgliedsstaaten für die Gewährleistung ausreichenden Datenschutzes bei ihren Behörden und Unternehmen zuständig. In Deutschland ist Datenschutz zudem Ländersache.

Bis vor kurzem waren in einigen Bundesländern die jeweiligen Landesinnenministerien selbst für die Datenschutzaufsicht über Privatunternehmen zuständig. Weil die nicht wie gefordert unabhängig sind, hatte die EU-Kommission durch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik die Übertragung dieser Aufgaben auf die Datenschutzbeauftragten der Länder erreicht. Im Jahr 2010 führte die Kommission zudem eine europaweite Anhörung zum Datenschutz durch und legte anschließend einen Bericht über die aus ihrer Sicht notwendigen Schritte zur Modernisierung der Datenschutzrichtlinie vor (PDF).

Der Sprecher des Innenministers, Hendrik Lörges, bestätigte gegenüber heise online den Bericht des Spiegel im Wesentlichen und verwies inhaltlich auf ein Interview mit Friedrich in der heutigen Ausgabe des Berliner Tagesspiegel. Demnach richtet sich seine Kritik vor allem dagegen, dass nach der geplanten Verordnung, die als direktes Recht in den EU-Staaten gelten soll, künftig der Europäische Gerichtshof für Streitfragen zuständig würde. Dadurch würde "sich der Rechtsschutz für den Bürger dramatisch ändern". Dem Tagesspiegel sagte Friedrich: "Die Vorstellungen der Kommission, auf vielen Gebieten eigenes Recht an die Stelle von nationalen Vorschriften zu setzen, sehe ich kritisch".

Gegen die Brüsseler Pläne regt sich auch Widerstand aus der Wirtschaft. Bitkom-Präsident Dieter Kempf findet es laut Spiegel "höchst problematisch", wenn Unternehmen bei Verstößen künftig bis zu fünf Prozent ihres Umsatzes Strafe zahlen müssten. Frau Reding drängt indessen auf Abkühlung. Man solle die Vorschläge der Kommission erst einmal abwarten, habe sie dem Spiegel zufolge gesagt. Es mache "wenig Sinn", vorher eine "erhitzte Debatte" anzufachen.

Nur die EU-Kommission darf Gesetzgebungsvorschläge machen, denn die Vertreter der Mitgliedsstaaten (Rat) und das Europäische Parlament zustimmen müssen. Der für den Datenschutz zuständige Bundesinnenminister hat also noch ausreichend Gelegenheit, im Gesetzgebungsverfahren seine Auffassung einzubringen und – so sich denn dafür eine Mehrheit unter seinen Amtskollegen findet – Änderungen durchzusetzen. (tig)