Durchsuchung im Vorbeifahren

Mit einem mobilen Terahertz-Scanner will die New Yorker Polizei Verdächtigen auf den Leib rücken.

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Von
  • Chris Opfer
  • Ines Nastali

Mit einem mobilen Terahertz-Scanner will die New Yorker Polizei Verdächtigen auf den Leib rücken.

Mit einem mobilen Terahertz-Scanner will die New Yorker Polizei künftig versteckte Waffen entdecken – und aus dem Verkehr ziehen. Die Methode soll nach den Plänen der Polizei bald als sichere Alternative zum Durchsuchen verdächtiger Personen dienen. Datenschützer kritisieren allerdings, dass es keine gesetzliche Grundlage für solche versteckten Durchsuchungen gibt.

Das als "Drive-by Gun Scan" vorgestellte Verfahren kann bis zu einer Entfernung von 4,5 Metern (15 Fuß) mit Hilfe von Terahertz-Strahlen versteckte Waffen wie Pistolen oder Messer orten. Das Gerät misst die Terahertz-Wellen, die von Menschen abgestrahlt werden, und die Textilien, Plastik oder Papier durchdringen. Objekte aus Metall, das als Leiter für diese Wellen undurchsichtig ist, zeichnen sich dagegen auf dem Wärmebild des Menschen mehr oder weniger deutlich ab. Die Reichweite des Scanners soll auf 23 Meter ausgedehnt werden. Möglich werden soll das durch Forschung der New Yorker Polizei und des Pentagons. Zum jetzigen Zeitpunkt ist allerdings weder bekannt, wann diese Messung zum Einsatz kommen soll, noch wie viel die Entwicklung kostet.

Die technischen Herausforderungen sind jedenfalls groß: Anders als bei den Scannern an Flughäfen, bei denen die Menschen aktiv bestrahlt werden, sollen bei der New Yorker Polizei lediglich die abgestrahlte Wärme des Menschen gemessen werden Ein Mensch emittiert jedoch nur etwa 10-14 Watt im Terahertz-Bereich. Ob es tatsächlich bereits Systeme gibt, die in Echtzeit, bei Zimmertemperatur und mit hinreichend großer Auflösung Terahertzbilder von Menschen liefern, geht aus der veröffentlichten Literatur nicht hervor. In Deutschland sind Forschungsarbeiten an einer passiv arbeitenden "Teracam" im Rahmen des Verbundprgramms "Forschung für die zivile Sicherheit" bis 2010 gefördert worden. Resultate zu dem Projekt liegen bislang jedoch ebenfalls noch nicht vor.

Der neue Scanner soll es ermöglichen, Verdächtige zu scannen, während die Polizeibeamten in ihrem Wagen sitzen bleiben. Dies hätte zwei Vorteile: Die Beamten entgehen einer potentiellen Konfrontation mit Verdächtigen und diese wiederum entgehen einer persönlichen Durchsuchung, bei der sie zur Zeit in der Regel abgetastet werden, aber die auch ohne Befund enden kann.

Bürgerrechtler kritisieren allerdings, dass bereits jetzt vor allem Farbige und Latinos durchsucht werden: Von den knapp 600 000 Menschen, die 2010 in New York angehalten und abgetastet worden sind, waren 87 Prozent dieser Herkunft, so das Center for Constitutional Rights in New York. Eine geheime Durchsuchung potenziell verdächtiger Personen ohne deren Wissen würde diesen Anteil wahrscheinlich noch einmal in die Höhe treiben.

Rein juristisch gesehen darf ein Polizist jederzeit einen Verdächtigen durchsuchen – aber eben nur, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass dieser im Begriff ist, eine kriminelle Handlung zu begehen. Auf Seiten der amerikanischen Bevölkerung regt sich daher Widerspruch: Der vierte Zusatzartikel der US-Verfassung garantiert das Recht von "nicht begründeten Durchsuchungen" verschont zu bleiben. Auch wenn in der Öffentlichkeit die Privatsphäre durch Kameras oder Geschwindigkeitsmessungen begrenzt ist, "verschwindet" sie, laut Michael Price, Anwalt beim Brennan Center for Justice, nicht, "wenn man das Haus verlässt". Auf der anderen Seite argumentiert der Anwalt Richard Cardinale für die Überprüfung durch Scanner: "Weder Verkehrskameras noch Blitzer benötigen einen begründeten Verdacht gegen jemanden, um eingesetzt zu werden." So wird es sicherlich noch einige Diskussionen geben, ob diese Technik mit dem Gesetz vereinbar ist.

Eine gute Nachricht allerdings bleibt: Gesundheitsschädlich sind die Scans für den Menschen nicht, da das System passiv arbeitet, also nur die vom Menschen ausgesandte Strahlung auffängt. Wie die Anwendung auch immer aussehen wird, der New Yorker Kommissar Raymond W. Kelly ist sich sicher, dass sich die Truppe nicht nur auf Technologie verlassen kann, um sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen. Das Verfahren könne aber bald als Ergänzung zu bisherigen Methoden der Polizeiarbeit dienen. (bsc)