eGK: Patienten können Notfalldaten in "geschützter Umgebung" einsehen

Die Bundesärztekammer hat der Darstellung widersprochen, dass Patienten die auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeicherten eigenen Notfalldaten nicht einsehen können.

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Von
  • Detlef Borchers

Die für die Einrichtung des Notfalldatensatzes auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) verantwortliche Bundesärztekammer hat der Darstellung widersprochen, dass Patienten die eigenen Notfalldaten nicht einsehen können. Unter Verweis auf den Anforderungskatalog (PDF-Datei) heißt es, dass der Versicherte seine Notfalldaten in der Arztpraxis oder in einem abgesicherten eKiosk einsehen, löschen oder unsichtbar machen kann. Außerdem soll ein Arzt in seiner Praxis die Notfalldaten des Versicherten ausdrucken können.

Auf dem 22. Smartcard-Workshop hatte Winfried Melder-Wolff vom eGK-Dienstleister und eKiosk-Hersteller Atos Worldline den Notfalldatensatz als Beispiel für das Rechtemanagement in der Gesundheits-Telematik erwähnt: "Ein besonders kompliziertes Beispiel stellt hierbei der Notfalldatensatz dar, der nur durch bestimmte Personen gelesen werden darf, durch den Karteninhaber zur Erzeugung und Nutzung freigegeben und gesperrt, selbst aber nicht gelesen werden darf. Zu den Personen, die den Notfalldatensatz lesen dürfen, gehören zum Beispiel Mitarbeiter im Rettungswesen und Ärzte, solange diese nicht Betriebsärzte sind. Der Versicherte darf den Inhalt der Notfalldaten nicht sichten, da hier auch Diagnosen vermerkt werden, deren Existenz bzw. Weitergabe durch den Versicherten eventuell unterdrückt werden wollen, aber für die Notfallsituation sehr wohl hilfreich und notwendig sein können."

Dieser Sicht widerspricht die Bundesärztekammer und betont, dass der Patient jederzeit Herr seiner Daten sei: "Die Bundesärztekammer hat sich seit Übernahme der Projektverantwortung für das Notfalldatenmanagement im Jahr 2010 intensiv dafür eingesetzt, dass Patienten die Möglichkeit der Einsichtnahme in ihre Notfalldaten bekommen. So ist nun - im Gegensatz zum Vorläuferkonzept – im Lastenheft auch eine selbständige Einsicht des Patienten an einem eKiosk vorgesehen. Voraussetzung ist hierbei, dass sich dieser eKiosk in der Obhut eines Leistungserbringers befindet", erklärt Samir Rabatta, Sprecher der Bundesärztekammer, gegenüber heise online.

In Obhut des Leistungserbringers heißt etwa im Eingangsbereich eines Krankenhauses oder im Wartebereich einer Arztpraxis, führt Rabatta weiter aus. Dort "kann der Patient – ohne Interaktion des Arztes – seine Notfalldaten lesen, den Notfalldatensatz als Ganzes verbergen oder wieder sichtbar machen, sowie löschen." Bis zu dem Zeitpunkt, an dem solche eKioske zur Verfügung stehen werden, soll der Arzt zudem den Notfalldatensatz ausdrucken können. Damit ein Versicherter - etwa bei einem Vorstellungsgespräch - nicht erpresst werden kann, seine Daten preiszugeben, kann ein Versicherter ohne Arzt und eKiosk seine Daten nicht einsehen.

Die Bundesärztekammer ergänzte auch die Frage zum Datenerhalt der Notfalldaten. Nach ihrer Darstellung kann ein Backup dieser Daten im Praxis-Verwaltungssystem des Arztes vorgehalten werden. Diese Leistung sei für Ärzte wie für Versicherte freiwillig. Die Kammer weist außerdem darauf hin, dass ein Notfalldatensatz bereits in der "Offline-Phase" der telematischen Infrastruktur erstellt werden kann. Die Übertragung eines Hashwertes des Notfalldatensatzes wie der ärztlichen Signatur an ein Online-Repository zur Absicherung der Rechtsverbindlichkeit sei für den Arzt freiwillig. Dieses Aspekt werde erst dann ein Thema, wenn die verwendeten Krypto-Algorithmen von der Bundesnetzagentur für unsicher erklärt werden. "Kryptologen rechnen damit, dass die heute eingesetzten Algorithmen für Signaturen mindestens 7 Jahre 'halten' werden, wenn nicht sogar deutlich länger, so dass dies erst einmal unproblematisch ist, erklärte Georgios Raptis, Referent für IT-Sicherheit bei der Bundesärztekammer gegenüber heise online.

Ob das Anlegen eines Notfalldatensatzes durch den Arzt bei den Besitzern einer neuen Gesundheitskarte auf großes Interesse stoßen wird, ist noch unklar. Solange es keine Finanzierungsvereinbarung mit den Krankenkassen gibt, wie diese Leistung abgerechnet wird, dürfte das Interesse eher gering sein. (vbr)