SAP: "Wir verteufeln Open Source nicht"

Ein Sprecher der Walldorfer betonte, die klare Befürwortung des Schutzes geistigen Eigentums gehe mit einem nicht weniger deutlichen Bekenntnis zur Offenheit des Codes Hand in Hand. Der Vorstand gibt derweil Liebeserklärungen für offenen Quellcode ab.

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In Walldorf haben Berichte über das Klagelied des SAP-Vorstands Shai Agassi rund um "sozialistische", das geistige Eigentum von Firmen unterlaufende Elemente in Open Source wenig Begeisterung ausgelöst. "Die Äußerungen Agassis sind bruchstückhaft wiedergegeben worden", erklärte Hilmar Schepp, PR-Manager von SAP, gegenüber heise online zu den Äußerungen Agassis bei einer Gesprächsrunde im Churchill Club. Sein Haus sei natürlich gegenüber Open Source und der zugehörigen Gemeinde "committed". Aus Unternehmenssicht sei klarzustellen, "dass wir Open Source nicht verteufeln und an vielen Schrauben drum herum drehen", betonte Schepp. "Wir haben unsere Lösungen auf Linux portiert und setzen für die Entwicklung Eclipse ein", führte er weiter aus. Auch die von SAP entwickelte Datenbank SAP DB werde inzwischen gemeinsam mit MySQL unter Open-Source-Lizenzen weiter vorangetrieben.

Laut Schepp gehen bei den Walldorfern die klare Befürwortung des Schutzes geistigen Eigentums mit einem nicht weniger deutlichen Bekenntnis zur Offenheit des Codes Hand in Hand. Kunden und Partner kämen schon seit längerem an den Quelltext heran. Im Rahmen der Umrüstung der SAP-Kernapplikationen auf einer Service-orientierte Architektur sei es ausdrücklich gewünscht, dass diese Zielgruppen nebst unabhängigen Softwareverkäufern eigene Client-Lösungen schreiben und so für sich gewisse Prozesse abdecken. Alle seien eingeladen, sagte Schepp, die neue Architektur in Richtung Business-Software fortzuentwickeln.

Agassi selbst reagierte auf die Darstellung seiner Ausführungen bei einem Netzwerkfrühstück im Silicon Valley inzwischen gar mit einer lautstarken Liebeserklärung an Open Source. Er glaube fest daran, schreibt der Produkt- und Technologie-Entwicklungschef der Walldorfer im Entwickler-Blog von SAP, dass "ein Schwarm passionierter Innovatoren viel mehr Erfindungen hervorbringt als eine Gruppe bezahlter Ingenieure, die Lösungen managen". Echte Innovation sei kein Produkt kontrollierter Kreativität. Die von SAP geschaffene Möglichkeit für innovative Firmen, über Webservice-basierte Schnittstellen neue Prozesse rund um die eigenen Enterprise-Software zu kreieren, vergleicht er mit dem Schaffen einer Wissensallmende unter dem Stichwort "Creative Commons". Agassi bleibt aber bei seiner Gegnerschaft zu Versuchen, "das gesamte Open-Source-Thema" durch die Bewegung zur "Sozialisierung" geistigen Eigentums "zu kidnappen". Es habe sich schließlich in der Geschichte gezeigt, dass "extremer Sozialismus" nicht zu "extremer Güte in irgendeinem Abschnitt unserer Leben führt".

Trotzdem müssen sich die Walldorfer weiter Kritik über ihre Open-Source-Philosophie anhören. Florian Müller etwa, Gründer der Kampagne NoSoftwarePatents, hält die gebloggte Klarstellung Agassis für "ein Zeugnis von uneinsichtiger Arroganz". Wer anderer Meinung sei als der SAP-Vorstand, "ist angeblich ein Eiferer, ein Sozialist oder hat ihn nicht verstanden", lautet seine Interpretation des Eintrags. Die Äußerungen zu freier Software seien letztlich wohl nur auf eine "tief sitzenden Frustration" über die Ablehnung der europäischen Softwarepatent-Richtlinie zurückzuführen, die SAP mit kostspieligen Zeitungsanzeigen und sogar mit dem Sponsoring teils ominöser Lobbying-Gruppen habe durchdrücken wollen. (Stefan Krempl) / (jk)