Zähe Verhandlungen über neuen Kodex für soziale Netzwerke

Bis zu einer Einigung über eine Selbstverpflichtungserklärung von Online-Netzwerken, die auch US-Plattformen wie Google+ oder Facebook einschließen soll, sind noch einige dicke Bretter zu bohren.

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Der Dialog über eine Selbstverpflichtungserklärung von Online-Netzwerken, die auch die US-Plattformen Google+, Facebook und LinkedIn einschließt, kommt nur langsam voran. Es seien gemeinsam noch einige "dicke Bretter zu bohren", erklärte Otto Vollmers, Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter (FSM), nach den jüngsten Verhandlungen, die im Lauf der Woche in Berlin stattfanden, gegenüber heise online. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erwartet von dem von ihm angestoßenen Dialog, dass die hierzulande größten sozialen Netzwerke in Eigenregie außer dem Jugend- und Verbraucherschutz in einem "allgemeinen Kodex" insbesondere den Datenschutz verbessern.

Auch einen Monat nach dem von Friedrich anvisierten Termin für eine erste Fassung der Vereinbarung liegt jedoch noch kein Entwurf vor. Bei der FSM, unter deren Dach die Internetfirmen das Papier ausarbeiten wollen, heißt es, dass es keinen echten Zeitrahmen für den Abschluss der Gespräche gebe. Man arbeite daran, eine Einigung in allen relevanten Punkten zu erzielen.

Die FSM etablierte bereits 2009 gemeinsam mit ihren Mitgliedern Lokalisten, VZ Netzwerke und wer-kennt-wen.de einen Verhaltenskodex mit dem Schwerpunkt Jugendschutz. US-Firmen wollten sich damals trotz anfänglicher Einbindung in die Verhandlungen den Abmachungen nicht anschließen.

Bei der neuen, erweiterten Rahmenvereinbarung geht es laut Vollmers etwa um umfangreichere Einstellungen zur Privatsphäre, um Datensicherheit sowie mehr Transparenz und Kontrollmöglichkeiten für die Nutzer. So müsse man unangemessene Inhalte einfach melden können, und das Abmelden von einem sozialen Netzwerk und Löschen der dort gespeicherten Mitgliederdaten müsse nutzerfreundlich möglich sein. Nicht zuletzt sei das informationelle Selbstbestimmungsrecht auch von Nichtnutzern zu beachten.

Neben den Vertretern der drei US-Unternehmen aus Deutschland sind nun auch StayFriends und Xing mit dabei, wie das Bundesinnenministerium Anfang März in einer positiven Zwischenbilanz meldete. Auch angesichts der geplanten EU-Datenschutzreform bleibe die ins Auge gefasste nachhaltige, rechtssichere und innovationsfreundliche Übereinkunft "für alle Beteiligten von größtem Interesse".

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar zweifelt dagegen an der Wirksamkeit einer Selbstverpflichtung und hält eine gesetzliche Regelung für notwendig. Auch Kritiker aus der Opposition werfen Friedrich vor, die Entwicklung bei sozialen Netzwerken verschlafen zu haben und die Bürger beim Datenschutz in Online-Gemeinschaften im Regen stehen zu lassen. Für die Sicherung der Privatsphäre gebe es "noch kein einziges funktionierendes Modell" der Selbstregulierung, rügte jüngst etwa der grüne Netzpolitiker Konstantin von Notz. Selbst aus den Reihen deutscher Teilnehmer des Dialogs ist Unmut über den Ansatz zu vernehmen: Durch die Einbindung der US-Konkurrenten könnten die hiesigen hohen Datenschutzstandards und -erwartungen unterwandert werden. Es dürften jedoch keine Extrawürstchen für die Betreiber mit Hauptsitz jenseits des Atlantik gebraten werden (anm)