Brandenburg will mit IT-System ComVor Verbrecher jagen

Das brandenburgische Innenministerium hat sich gegen die Einführung des immer wieder mit Problemen kämpfenden Berliner Polizeisystems Poliks entschieden und setzt auf die Konkurrenz aus Hamburg.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 54 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Das brandenburgische Innenministerium hat sich gegen die Einführung des immer wieder mit Problemen kämpfenden Berliner Polizeisystems Poliks entschieden. Es setzt dagegen auf das Konkurrenzangebot ComVor, das zunächst von der Hamburger Polizei selbst entwickelt wurde und inzwischen auch in Baden-Württemberg und Hessen in Betrieb ist. Poliks, das wie ComVor auf Windows-Systeme und Verwaltungssoftware von Microsoft setzt, wurde von gedas aufgebaut und ist bislang lediglich in Berlin im Einsatz. Die Polizei in Brandenburg soll von Anfang 2007 an mit der neuen computergestützten Vorgangsbearbeitung ComVor auf Verbrecherjagd gehen.

ComVor stellt den Sachbearbeitern Formulare in einem virtuellen Schrank zur Verfügung, die dann mit Microsoft Word zu bearbeiten sind. Dabei werden Grunddaten wie Vorgangsnummer oder Dienststellenadresse automatisch eingelesen. Alle erfassten Daten werden in einer zentralen, unter Microsoft-SQL-Servern laufenden Datenbank mit Netzwerkanbindung gespeichert. So soll jeder Sachbearbeiter landesweit Zugriff auf seine Vorgänge haben.

Zwischen Berlin und Potsdam hatte es nach der Einführung des Polizeilichen Informations- und Kommunikationssystems (Poliks) in der Bundeshauptstadt Ende März zunächst Gespräche über die Übernahme der Lösung auch in Brandenburg gegeben. Insbesondere die wiederholten Ausfälle des Berliner Systems haben bei der märkischen Polizei aber anscheinend Widerstände gegen diesen Integrationsansatz aufkommen lassen. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) ließ Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) jedenfalls vergangene Woche wissen, dass man sich für ComVor entschieden habe. Eine Sprecherin Schönbohms begründete diesen Schritt auch damit, dass die in den drei anderen Ländern laufende Variante der elektronischen Vorgangsbearbeitung dem Land über zehn Jahre hinweg zwei Millionen Euro billiger komme. Zudem ermögliche ComVor eine einfachere Anbindung an das EDV-System der Staatsanwaltschaft als Poliks.

Trotz der verhinderten Länderehe bei den elementaren polizeilichen IT-Architekturen soll der elektronische Datenaustausch zwischen Berlin und Brandenburg über eine offene Schnittstelle möglich sein. Dabei seien aber natürlich die gesetzlichen Datenschutzregeln zu beachten, hieß es in Potsdam. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) hat die Einführung von ComVor bereits begrüßt. Er hat zwar Bedenken vor einem möglichen weiteren Personalabbau durch die verstärkte Automatisierung der Sachbearbeitung, freut sich aber über die angekündigte Ausrüstung der Polizei mit etwa 500 neuen Rechnern. Auch die Hamburger Polizei zeigt sich begeistert: "Mit dem nun anstehenden Beitritt Brandenburgs zur Pflegegemeinschaft ComVor wird die Wirtschaftlichkeit des Produktes weiter erhöht."

Der Berliner Polizei, die von Microsoft als Referenzkunde geführt wird, machte dagegen erst vor einer Woche erneut eine Blockade bei Poliks schwer zu schaffen: Nach einem Ausfall des 73 Millionen Euro teuren Systems am vergangenen Donnerstag waren die Einsatzbeamten von Schutzpolizei und auch Landeskriminalamt laut Medienberichten zeitweise kaum handlungsfähig. Vernehmungen etwa konnten nur offline eingegeben, verdächtige Personen nicht überprüft sowie Überfälle nicht zur Sofort-Fahndung ausgeschrieben werden. Ursache war laut einem Polizeisprecher eine ausgefallene Datenbank im Rechenzentrum und die Überforderung des Notfall-Systems. Am Samstagnachmittag war Poliks laut Polizeiangaben wieder funktionstüchtig. (Stefan Krempl) / (jk)