Fußball-WM: Teure Software für teure Tickets

Für die umstrittenen Optionstickets bei der Fußball-WM 2006 muss eigens neue Software entwickelt werden. Die FIFA entschied zudem, den mit RFID ausgestatteten "Chip-Ball" bei der WM in Deutschland noch nicht einzusetzen.

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Von
  • Detlef Borchers

Einen Tag, nachdem FIFA-Präsident Joseph Blatter das deutsche Ticketing für die Fußball-WM 2006 als "etwas zu perfektionistisch" kritisiert hat, stellt sich heraus, dass die besonders umstrittenen Optionstickets durch umfangreiche Neuprogrammierung der Software möglicherweise teurer sind als die ausgewiesene Bearbeitungsgebühr. Diese Gebühr, die möglicherweise erhöht werden soll, wird Käufern von Optionstickets nicht erstattet. Das erklärte Horst R. Schmidt, Vizepräsident des WM-Organisationskommitees (OK), in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Der vom OK mit dem größten deutschen Ticketvermarkter cts eventim abgeschlossene Vertrag über die Produktion und softwareseitige Datenspeicherung für die WM-Tickets scheint offenbar nicht die 150.000 Optionstickets zu umfassen, die an die WM-Sponsoren ausgegeben werden. Dabei müssen die Sponsoren die von ihnen benutzten Tickets personalisieren lassen, können aber auch nicht benutzte Tickets zurückgeben. Diese frei werdenden Tickets werden derzeit als Optionstickets für 150 Euro zum Verkauf angeboten, obwohl niemand weiß, ob Sponsoren überhaupt Tickets in größerem Umfang zurückgeben werden. Gegen diese Art der Ticketverkäufe hat mittlerweile der Bundesverband der Verbraucherschützer Klage eingereicht. Im Interview mit der FAZ erklärt Horst R. Schmidt dagegen, dass der Ticketing-Spezialist cts eventim nun eigene Software programmieren muss, damit die zusätzlichen Tickets verwaltet werden können. "Ich bin sogar sicher, dass die Zusatzoperation teurer wird als das durch die Bearbeitungsgebühr generierte Geld", erklärte Schmidt.

cts eventim hat für das WM-Ticketing eine Software entwickeln lassen, die Insidern zufolge einen knapp zweistelligen Millionenbetrag kosten soll. Zum Ticketing auf der WM erklärte Schmidt: "Dort brauchen wir zum Beispiel eine spezielle Software, die nicht auf dem Markt ist. In der komplexen Form, in der wir an die Kartenfrage herangegangen sind, ist das bisher noch nie gemacht worden." Die Frage nach der Kritik der Datenschützer, die das übermäßige Sammeln personenbezogener Daten für das Ticketing moniert haben, überging der Vizepräsident des Organisationskommitees.

Was bisher gemacht wurde, erfreut nicht unbedingt die FIFA. So kritisierte FIFA-Chef Joseph Blatter das Prozedere mit den personalisierten Tickets als "etwas zu perfektionistisch". Einem Bericht der ARD-Sportredaktion zufolge sagte Blatter: "So viele Sitzungen haben stattgefunden, die optimale Lösung muss erst noch gefunden werden. Wenn jeder seinen Ausweis zeigen muss, wird es vier Stunden dauern, bis die Zuschauer im Stadion sind."

Auch in einem anderen WM-Gebiet gab es einen Rückschlag für die deutsche Technik. So wird der mit einem RFID-Chip ausgestattete "Chip-Ball" nicht im Turnier eingesetzt. Fachleute hätten das System als "bestechend" bewertet, die Technik aber als "noch nicht ausgereift" genug angesehen, begründete FIFA-Generalsekretär Urs Linsi die Absage. Der Chip-Ball spielt eine wichtige Rolle in der Kampagne zum kommenden Jahr der Informatik, die unter dem Motto "Immer auf dem Laufenden dank Informatik" gestartet wurde.

Zu Technik und Datenschutz bei der Fußball-WM 2006 siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)