Streit um Online-Durchsuchungen: Beckstein kritisiert Zypries

Bayerns Innenminister Beckstein zufolge gefährdet das Verhalten von Bundesjustizministerin Zypries in den Auseinandersetzungen um Online-Durchsuchungen die Sicherheit in Deutschland.

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Von
  • dpa

Der Streit um vermeintlich notwendige gesetzgeberische Maßnahmen zur heimlichen Online-Durchsuchung von Computern wird zunehmend unübersichtlich: Während der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gestern betont hat, wie wichtig es sei, dass die Regierungskoalition des Bundes sich noch vor der Sommerpause über Rechtsgrundlagen für die heimliche Online-Durchsuchungen von Computern bei Terrorismusverdacht einigen müsse, legt sein bayerischer Amtskollege Günther Beckstein (CSU) in einem heute erschienenen Interview in der "Passauer Neuen Presse" nach: Er kritisiert das Verhalten von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries als "unvertretbar, weil dadurch eine Lücke im Sicherheitsnetz entsteht, die für uns in Deutschland sehr gefährlich sein kann".

Beckstein meint, Zypries wolle sich "offenbar zunehmend als vermeintliche Hüterin des Rechtsstaates profilieren" und will das Problem auch nicht am Parteibuch festgemacht sehen: Bereits der frühere SPD-Innenminister Otto Schily habe sich mit Zypries "herumärgern" müssen, obwohl beide doch zur selben Partei gehörten. Es handle sich im Prinzip um dieselbe Auseinandersetzung, die sich nun nur noch verschärft habe.

Die Möglichkeit zu heimlichen Online-Durchsuchungen von Computern ist nach Ansicht von Beckstein dringend erforderlich , weil das Internet das "führende Medium für Terroristen" geworden sei – in dieser Hinsicht ist er sich mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und anderen CDU-Innenpolitikern, aber auch Teilen der SPD einig.

Er möchte solche Maßnahmen von Seiten der Strafermittlungsbehörden streng an drei Voraussetzungen gebunden sehen: "Erste Voraussetzung muss ein Straftatenkatalog sein. Selbstverständlich kann es sich dabei nur um schwerste Straftaten handeln. Zweite Voraussetzung ist ein konkreter Tatverdacht. Und die dritte Voraussetzung ist die Genehmigung der Maßnahme durch einen Richter."

Unterdessen hat SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz erneut eine Aufforderung an Bundesinnenminister Schäuble gerichtet, zunächst die Frage der Online-Durchsuchung aus dem Gesetzentwurf zur Stärkung der Rechte des Bundeskriminalamtes (BKA) im Anti-Terrorkampf auszuklammern und separat darüber zu beraten. "Wir wollen die BKA-Novelle ohne die Online- Durchsuchung im Herbst verabschieden", so Wiefelspütz gegenüber der "Passauer Neuen Presse". Er wolle erst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur geheimdienstlichen Online-Durchsuchung abwarten, mit der zur Jahreswende gerechnet wird.

Die Karlsruher Verfassungsrichter werden von Oktober 2007 an über eine Verfassungsbeschwerde bezüglich der im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz geregelten Befugnisse zur Online-Durchsuchung beraten – diese betreffen allerdings wohlgemerkt die Arbeit des Geheimdiensts und nicht die der Strafermittler. Je nach Bundesland haben Geheimdienste in der Vergangenheit bereits verschiedentlich ohne klare Rechtsgrundlage Online-Durchsuchungen von Computern vorgenommen.

Die heimliche Online-Durchsuchung von Computern stößt bei vielen Datenschützern und Juristen auf Skepsis. Sie melden grundsätzliche Bedenken an und warnen vor eventuell angestrebten Grundgesetzänderungen. Siehe dazu:

Zu den Auseinandersetzungen um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(dpa) / (psz)