Österreichische Volkszählungspläne stoßen auf Kritik

Die Gesetzesvorlage zur geplanten Registerzählung durch Zusammenführung von Datenmaterial ohne Anonymisierung ruft datenschutzrechtliche Bedenken hervor.

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Die in Österreich zuletzt 2001 mit papiernen Fragebogen durchgeführte Volkszählung soll durch eine Registerzählung, also die Auswertung vorhandener Datenbanken, abgelöst werden. Die Regierung verspricht, dass das geplante Verfahren Kosten und Mühen sparen werde. Der Städtebund meint jedoch, für eine Registerzählung sei die Datenqualität zu schlecht, weshalb man weiterhin Fragebögen verwenden müsse.

Jedenfalls soll das Registerzählungsgesetz die rechtlichen Grundlagen für die Datenbankauswertung schaffen. Die Opposition (SPÖ und Grüne) hat der Regierungsvorlage im Nationalrat aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken ihre Unterstützung versagt: Durch das Gesetz werden im Innenministerium personenbezogene Daten zusammengeführt. Dies sei für die Volkszählung gar nicht erforderlich, schaffe erhebliche Missbrauchsgefahr und ermögliche die "Rasterfahndung auf Vorrat gegen jeden Österreicher", kritisiert SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann. Er wirft der Regierung außerdem vor, das neue Gesetz am Datenschutzrat vorbeigeschleust zu haben, indem der amtierende Vorsitzende keine Sitzung einberufen habe.

Laut der vom Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP und Freiheitlichen unverändert beschlossenen Regierungsvorlage sollen im Innenministerium Daten ohne Anonymisierung aus dem Melderegister, der Sozialversicherung, den Bildungsanstalten (Schulen, Universitäten und anderen), den Finanzämtern, dem Arbeitsmarktservice (zuständig für die Vermittlung und Schulung von Arbeitslosen sowie die Auszahlung der Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung), dem Unternehmensregister sowie dem Gebäude- und Wohnungsregister zusammengeführt werden. Diese Daten könnten mit dem Zulassungsregister für Kraftfahrzeuge, dem Familienbeihilfenregister, dem zentralen Fremdenregister, den Datenbanken der Sozialhilfeträger, den Daten von Bund, Ländern und Gemeinden in ihrer Eigenschaft als Dienstgeber sowie weiteren Informationssammlungen kombiniert werden. Die SPÖ sei grundsätzlich für ein Registerzählungsgesetz, betont Wittmann. Die Daten, die vom einzelnen Bürger in den verschiedenen Registern vorhanden seien, sollten aber dort belassen und nicht im Innenministerium zusammengeführt werden.

Auch die Kammer für Arbeiter und Angestellte (AK) ist gegen das Registerzählungsgesetz. Es sei "überzogen und datenschutzrechtlich bedenklich", da es "über das für Volkszählungszwecke Notwendige weit hinaus" gehe. Dass die Statistik Österreich mit der Meldung von Ungereimtheiten zwischen einzelnen Registereinträgen beauftragt werde, habe mit der Volkszählung nichts zu tun. Dafür seien ohnehin die einzelnen Behörden zuständig. Das Gesetz widerspreche überdies "dem international üblichen Grundsatz, dass ein Rückfluss personenbezogener Daten an Administrativregister auf keinen Fall möglich sein darf."

Auch Erich Pramböck, Generalsekretär des Städtebundes, bezog Stellung: "Das Ziel des Gesetzes, dass wir von der Fragebogenerhebung wegkommen, wird keineswegs erreicht. Die Erhebung der Umgangssprache kann vom zuständigen Minister per Verordnung angeordnet werden. Ebenso ein Abfragen des Religionsbekenntnisses in Form einer nicht personenbezogenen Zählung. Das erfolgt dann wie weiland 2001 per Fragebogen an der Wohnungstür. Vor Ort bleibt die Umsetzung der Befragung wieder bei Städten und Gemeinden hängen."

Dies könne soviel kosten wie eine halbe herkömmliche Volkszählung – allerdings habe die Regierung versäumt, die auf die Kommunen zukommenden Kosten überhaupt zu erheben. Überdies sei das Gesetz von seiner Systematik her unausgegoren – hinzu komme, dass die Datenqualität für eine Registerzählung bei weitem nicht ausreiche. Schon die gespeicherten Hausnummern würden oft nicht mit der Realität übereinstimmen. "Die Landesgesetze sehen teilweise die Erhebung mancher Datenarten über das Register gar nicht vor. Welcher Kuddelmuddel dann bei der Volkszählung herauskommt, kann sich selbst jeder Laie lebhaft ausmalen", so Pramböck.

Im Bundesrat haben SPÖ und Grüne eine Mehrheit und werden das Registerzählungsgesetz dort voraussichtlich ablehnen. Anschließend dürfte die Regierungsmehrheit im Nationalrat einen Beharrungsbeschluss fassen; der Bundesrat kann das Gesetz also nur um etwa zwei Monate verzögern. (Daniel AJ Sokolov) / (psz)