Nicht leicht: Wissenschaftsverlag boykottieren

Dem aufgrund von überzogener Preispolitik ausgerufenen Boykott des einst renommierten Elsevier-Verlages sind leider nur wenige Wirtschaftswissenschaftler gefolgt, stellt der britische Mathematiker Timothy Gowers als Initiator der Aktion fest.

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Von
  • Richard Sietmann
  • Carsten Meyer

Dem im Januar von dem britischen Mathematiker Timothy Gowers veröffentlichten Aufruf zum Boykott des Wissenschaftsverlags Elsevier haben sich weltweit mittlerweile mehr als 11.500 Wissenschaftler angeschlossen. Doch die Aktion wird vor allem von Mathematikern und Naturwissenschaftlern getragen. Unter den Wirtschaftswissenschaftlern hatten den Aufruf nur acht Prozent der Befragten einer vom Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft (ZBW) durchgeführten Umfrage unterzeichnet; 39 Prozent der insgesamt 813 teilnehmenden Professoren und wissenschaftlichen Angestellten hätten sich bewusst gegen die Unterstützung entschieden. Der Rest hatte zum Zeitpunkt der Befragung Anfang Mai von der Aktion noch nichts gehört.

Die Protestaktion richtet sich gegen die Preis- und Geschäftspolitik des Konzerns, der mit einigen tausend wissenschaftlichen Zeitschriften jährlich mehr als drei Milliarden Euro umsetzt und dabei regelmäßig Umsatzrenditen von mehr als 30 Prozent erzielt. Acht der zehn teuersten Zeitschriften, die die Bibliothek des Karlsruher Instituts für Technologie im Abonnement bezieht, kommen aus dem Elsevier-Verlag. Spitzenreiter ist die "Biochimica et biophysica acta", deren Bezugspreis für einen Jahrgang 20.000 Euro beträgt.

Erst in der vergangenen Woche hatte das Zentrum Mathematik der TU München beschlossen, "aufgrund unzumutbarer Kosten und Bezugsbedingungen" alle abonnierten Elsevier-Zeitschriften ab 2013 abzubestellen. Der ZBW-Umfrage zufolge unterstützen zwar 73 Prozent der Befragten grundsätzlich den Open-Access-Gedanken, wonach alle öffentlich finanzierten Forschungsergebnisse auch öffentlich frei zugänglich sein müssen, doch nur 6 Prozent haben tatsächlich schon einmal in einer Open-Access-Zeitschrift veröffentlicht. Mangels Alternativen sähen sich die meisten gezwungen, in klassischen Subskriptionszeitschriften zu publizieren, weil diese oftmals über eine höhere Reputation und das bessere Ranking verfügen. (cm)