Gemischte Reaktionen auf geplante Anti-Terror-Datei

Für die Grünen ist der Beschluss der Innenminister ein Lehrbeispiel für Kompromisse in der großen Koalition, die Linksfraktion bezweifelt die Verfassungsmäßigkeit und für die FDP ist die Anti-Terror-Datei ein Schritt in die richtige Richtung.

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Von
  • Detlef Borchers

Die von einer Sonderkonferenz der Innenminister abgesegnete zweigeteilte Anti-Terror-Datei stößt auf unterschiedliche Reaktionen. Für die Grünen bezeichnete Wolfgang Wieland, Sprecher für Innere Sicherheit, die Zweiteilung als Lehrbeispiel für die Kompromisse in der großen Koalition. "Der Streit um Volltext- oder Indexdatei wurde nicht gelöst, sondern umschifft: Die Union bekommt eine Volltext-, die SPD eine Indexdatei", erklärte Wieland. Seine Partei werde darauf achten, dass die Datei ausschließlich zur Terrorfahndung verwendet wird. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, bezweifelte die Verfassungsmäßigkeit der getroffenen Regelung und wandte sich gegen die Aufwertung der Geheimdienste.

Bei der FDP erklärte die Innenpolitikerin Gisela Piltz, dass die Einigung auf eine Indexdatei ein Schritt in die richtige Richtung sei. "Allerdings ist die Aufnahme weiterer Merkmale in den erweiterten Datenbestand der so genannten Anti-Terror-Datei verfassungsrechtlich höchst problematisch und datenschutzrechtlich abzulehnen", führte Piltz einer Mitteilung zufolge aus. Schließlich sprach sie sich dafür aus, das Personal bei der Polizei aufzustocken.

Mit dieser Ansicht begrüßte auch die die Gewerkschaft der Polizei die neue Regelung. Ihr Vorsitzender Konrad Freiberg mahnte angesichts des laufenden Stellenabbaus: "Eine Datei allein aber schützt nicht vor einem Terroranschlag." Zuvor hatte Klaus Jansen, Vorsitzender des Bundes der Kriminalbeamten in einem Interview mit der Zeitung Die Welt kritisiert, dass die Anti-Terror-Datei zwar wichtig, aber eigentlich nur ein erster Schritt sei: "Aber wir haben in den Bundesländern weiterhin zwölf verschiedene technische Fallbearbeitungssysteme, mit denen Daten verarbeitet werden. Diese Systeme sind zum größten Teil nicht kompatibel." Außerdem sei nicht deutlich, wer beim Kampf gegen den Terror der "Chef im Ring" sei.

Auf der Seite der Koalitionsparteien freute sich besonders der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Er mahnte alle Beteiligten zur Eile: "Jeder Tag bringt neue Informationen, die zeigen, dass keine Zeit zum Warten bleibt." Schönbohm erklärte, dass das geplante brandenburgische Polizeigesetz ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen den Terror sei. Den Entwurf dieses Gesetzes hatte der IT-Verband Bitkom zuvor für verfassungswidrig erklärt. Für die SPD erklärte der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner, dass das gefundene Modell einer zweigeteilten Datei nicht die Quellen der Geheimdienste gefährde und verfassungsmäßig korrekt die Vorgaben erfülle.

Wenn der vom Bundesinnenministerium vorzulegende Gesetzentwurf wie geplant bereits in der nächsten Woche vom Bundeskabinett verabschiedet wird, könnte das Gesetz bereits Ende des Jahres in Kraft treten. Der Aufbau der beiden "Dateien", technisch gesprochen die Einrichtung eines Data Warehouse mit der Einspeisung höchst unterschiedlicher Datenbestände, könnte dann im Januar beginnen. Datenbankexperten beim Bundeskriminalamt schätzen, dass die Anti-Terror-Datei frühestens im Sommer 2007 in Betrieb gehen kann.

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(Detlef Borchers) / (anw)