Kanadisches Berufungsgericht relativiert Tauschbörsen-Urteil

Plattenlabels dürfen nicht ohne ausreichende Beweise die Herausgabe von Kundendaten anhand von IP-Adressen verlangen, befand ein Berufungsgericht. Nach diesem Urteil kann aber keine Rede mehr davon sein, Online-Musiktausch sei in Kanada rundweg legal.

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Der Richter Edgar Sexton vom Federal Court of Appeal in Kanada hat ein Urteil der Vorinstanz teilweise bestätigt, nach dem die Musikindustrie nicht ohne weiteres von Internet-Providern verlangen darf, die Kundendaten von Tauschbörsen-Teilnehmern herauszugeben. Der Schutz der Privatsphäre wiege schwerer als die Wahrung von Copyrights. In dem Verfahren BMG u.a. vs. John Doe (gegen Unbekannt) ging es darum, dass sich Unternehmen wie Shaw Communications, Rogers Communications, BCE und Telus weigerten, die Daten von 29 Kunden zu offenbaren. Die Plattenlabels wollen diese verklagen, da sie angeblich in großem Umfang Musikstücke über das Internet tauschen.

Allerdings dürften sich Tauschbörsen-Fans und Datenschutz-Aktivisten diesmal nicht so uneingeschränkt über das Urteil (PDF-Datei) freuen wie vor gut einem Jahr, als die Entscheidung des Richters Konrad von Finckenstein gar so weit interpretiert werden konnte, Online-Musiktausch sei in Kanada legal. Diese Schlüsse sah nun Richter Sexton als voreilig an. Zudem schwächte Sexton die Entscheidung der Vorinstanz dergestalt ab, dass die Kläger seiner Ansicht nach zu schwache Beweise beigebracht hätten. Daher sei die Gefahr zu groß gewesen, dass Unbescholtene beschuldigt werden. Allein aus diesem Grund sei die Berufung abzulehnen. Das öffnet nach Meinung von Rechtsexperten die Tür für weitere Klageversuche der Musikindustrie. (anw)