Jugendschützer: Social Networks als Nährboden für Neonazis

Während der Bestand an rechtsextremistischen Website 2011 gegenüber 2010 leicht zurückging, tummeln sich Rechtsextremisten zunehmend auf sozialen Plattformen und ködern mit emotionalen Themen wie Kindesmissbrauch, warnt Jugendschutz.net.

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Finanzkrise, Arbeitslosigkeit, sexueller Missbrauch: Neonazis versuchen mit solchen und anderen emotionalen Themen zunehmend Jugendliche in sozialen Netzwerken zu ködern. Für ein Facebook-Profil zum Thema Kindesmissbrauch habe es mehr als 35.000 Zustimmungen gegeben. Ein rechtsextremes Musikvideo zum gleichen Thema auf YouTube sei fast eine Million Mal angeklickt werden. Der rechtsextreme Kontext wird bei solchen Aktionen verschleiert, Links bieten aber einen Einstieg in die Szene, teilte Jugendschutz.net mit. Das zeige der jüngste Bericht "Rechtsextremismus online" (PDF-Datei) der länderübergreifenden Stelle für Jugendschutz. Die Neonazis erreichten so schnell ein Millionenpublikum gerade unter Jugendlichen, der erklärten Zielgruppe.

Der Bestand an rechtsextremen Websites sei 2011 gegenüber 2010 von 1707 auf 1671 gesunken; zu 65 Prozent würden sie auf deutschen Servern gehostet. Diese Szeneangebote blieben zentraler Bestandteil rechtsextremer Webaktivität. Jugendschutz.net ersuchte in 262 Fällen um Löschung von Angeboten und war damit in 219 Fällen erfolgreich.

40 Prozent aller 1607 Hinweise von Internetnutzern bezogen sich auf rechtsextremistische Beiträge im Web 2.0. Damit habe sich in den vergangenen drei Jahren das Beschwerdeaufkommen hier mehr als verdreifacht. Jugendschutz.net sichtete insgesamt 3695 Beiträge auf deutschen und ausländischen Plattformen: 948 Videos (26 Prozent), 2666 Profile (72 Prozent) und 81 Kommentare (2 Prozent). Demnach finden sich 67 Prozent der Web-2.0-Beiträge bei YouTube und Facebook. Auch der Microblogging-Dienst Twitter werde bei Rechtsextremen beliebter: 141 Kanäle und damit doppelt so viele wie 2010 hatte Jugendschutz.net beobachtet. Vor allem Neonazigruppen und die NPD nutzten den Dienst.

"Im Web 2.0 ist meist nicht bekannt, wer für den Inhalt verantwortlich ist", schreibt Jugendschutz.net. Wenn die Mitarbeiter dort unzulässiges Material finden, kontaktieren sie die Plattformbetreiber und bitten diese, die Beiträge zu löschen. Von 1207 Meldungen konnten sie 974 Löschungen erreichen.

"Der Nährboden für rechtsextreme Gewalt und Rechtsterrorismus wird zunehmend in den Social Media bereitet", sagte Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung. Deshalb seien Strafverfolgung und die Löschung von Inhalten durch Provider unerlässlich. Um jugendliche Internetuser stärker für rechtsextreme Hetze im Netz zu sensibilisieren, haben Jugendschutz.net und Online Beratung zusammen eine Videoserie für das Social Web entwickelt: "Vier Clips greifen unterschiedliche Facetten des modernen Rechtsextremismus auf, sollen zum Nachdenken, aber auch zu Gegenaktivitäten ermuntern", heißt es in einer Mitteilung. (anw)