Bessere Kommunikationssysteme für Tsunami-Vorwarnung gefordert

Trotz der durch den Tsunami vom Dezember 2004 gewachsenen weltweiten Sensibilität kommt der Aufbau eines globalen Vorwarnsystems nach Expertenmeinung nur schleppend voran.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 27 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Wolfgang Kleinwächter

Trotz der durch den Tsunami vom Dezember 2004 in Südostasien gewachsenen weltweiten Sensibilität komme der Aufbau eines globalen Vorwarnsystems nur schleppend voran, sagte Laura Kong, Direktor des International Tsunami Information Center (ITIC) der Intergovernmental Oceanographic Commission (IOC) der UNESCO. Kong sprach auf dem Workshop "Global Communications in Times of Crises and Turmoil" im Rahmen der Konferenz des Pacific Telecommunication Council Conference (PTC) in Honolulu.

Zwar gebe es mittlerweile für den Indischen Ozean ein Beobachtungssystem, an dem sich 26 Nationen beteiligen, meinte Kong. In anderen gleichfalls gefährdeten Regionen – so in der Karibik und bei den pazifischen Inseln – aber sei der Nachholbedarf groß. Die IOC hat insgesamt rund 20 gefährdete Lokationen in drei Ozeanen und vier Meeren identifziert, wo Tsunamis durch Seebeben entstehen können. Ausdrücklich lobte Kong die Anstrengungen der Europäischen Union für den Aufbau eines entsprechendes Systems im Mittelmeer, dass durch die noch aktiven Vulkane wie dem Ätna auf Sizilien zu den hoch gefährdeten Regionen zählt.

Niemand kann zwar vorher sagen, wann und wo ein Seebeben stattfindet, aber wenn es passiert ist, hängt die Chance für die Rettung von Leben entscheidend von den Kommunikationssystemen ab. Der Verlust von fast 100 Menschen in Somalia, wo der Tsunami erst sechs Stunden nach dem Seebeben eintraf, hätte bei einem vorhandenen Kommunikationssystem vermieden werden können. Das Vorwarnsystem im Indischen Ozean wie auch das auf Hawaii, wo der letzte Tsunami in den 70er Jahren ankam, gestattet eine Erkennung des Bebens innerhalb von 90 Sekunden. Die Schwierigkeit besteht aber darin, diese Information zu den gefährdeten Küstenregionen zu bringen und in der Reaktion der jeweiligen Regionen. Kong sagte, dass man von einem effektiven System erst dann sprechen kann, wenn jeder Bewohner einer gefährdeten Küstenregion über mögliche Gefahren informiert ist und in Alarmfällen genau weiß, was er zu tun hat. Notwendig sind neben der Kommunikationstechnik Evakuierungspläne, für die sowohl die jeweilige nationale Regierung als auch die Kommunalverwaltung vor Ort zuständig sein müssen. Da es in vielen Ländern wie eben in Somalia an entsprechender Kommunikationsinfrastruktur mangele, sei es die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft, die Mittel aufzubringen, um ein lückenloses globales System zu installieren.

Das Kommunikationssystem muss dabei so ausgelegt sein, dass es nicht nur zur Vorwarnung dienen kann, sondern auch nach der Katastrophe noch funktioniert. Paul Trotter vom Weather Forecast Office in Louisiana berichtete, welche katastrophalen Konsequenzen es in New Orleans gab, nachdem das lokale Kommunikationssystem beim Katrina-Hurrikan zusammengebrochen war. In einer Studie für die Federal Communication Commission (FCC) der USA war eine Forschungsgruppe zu dem Ergebnis gekommen, dass ein dezentrales Netz von WLAN-Hotspots das sicherste Kommunikations-Backup darstellen würde.

Kritik an der Industrie kam von Carl Staton, CIO der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) des US-Handelsministeriums. Es nütze nichts, meinte Staton, wenn jedes einzelne Unternehmen zu ihm komme und individuelle Lösungen vorschlage. Wettbewerb sei gut, im Katastrophenfall aber brauche man ein einheitliches Vorgehen. Er forderte eine Gemeinschaftsaktion aller Telekommunikationswettbewerber, um in der auf Katastrophen folgenden Panik und dem dann entstehenden Chaos schnell und einheitlich handeln zu können. (Wolfgang Kleinwächter) / (jk)