VoIP-Überwachung respektiert Verschlüsselung

Die Ansicht der Bundesregierung, bei den vor einer Verschlüsselung abgefangenen VoIP-Daten handele es sich nicht um die Überwachung der Inhalte, ist juristisch umstritten. Und auch IT-technisch wie polizeitaktisch gibt es unterschiedliche Ansichten.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Ansicht der Bundesregierung, dass es sich bei den vor einer Verschlüsselung auf dem Rechner abgefangenen Daten einer VoIP-Telefonie nicht um die Überwachung der Telekommunikationsinhalte handelt, ist nicht nur juristisch umstritten. Auch IT-technisch wie polizeitaktisch gibt es unterschiedliche Ansichten.

So machte BKA-Chef Jörg Ziercke während einer Pressekonferenz auf der Herbsttagung seiner Behörde darauf aufmerksam, dass mehrere Überlegungen eine Rolle spielen und nannte exemplarisch die VoIP-Software Skype: "Es ist richtig, die Software Skype stellt uns vor gravierende Probleme. Wir können nicht mehr entschlüsseln. Deshalb sprechen wir ja von Quellen-TKÜ, weil wir an der Quelle, am Endgerät ansetzen, bevor etwas verschlüsselt gesendet wird."

Auf die Nachfrage, welche Kontakte es mit dem Hersteller gibt, erklärte Ziercke: "Es gibt keine Gespräche mit Skype. Ich glaube auch nicht, dass es Sinn macht, gewisse Backdoors in diesem Bereich offenzuhalten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Provider darauf eingehen würde, und ich will es auch gar nicht, um es ganz klar zu sagen, weil ich glaube, dass ganz grundsätzlich erst einmal anerkannt werden muss, dass Electronic Banking und der Finanzstrom in Datennetzen natürlich sicher sein muss. Dazu ist Verschlüsselung und Kryptografie gedacht. Deshalb macht es auch keinen Sinn, zu verlangen, der Kryptoschlüssel müsste irgendwo hinterlegt werden bei der Zentrale, das wollen wir nicht. Deshalb ist unser Ansatz ein anderer, dass wir vor oder nach der Verschlüsselung ansetzen."

Fragt man bei der Firma Skype nach, so kommt die prompte Antwort: "Abgesehen von regulären Routineanfragen im Rahmen normaler polizeilicher Ermittlungsverfahren bestand bis dato kein Kontakt zwischen Skype und den deutschen Ermittlungsbehörden. Die Maßnahmen der regulären Zusammenarbeit richten sich nach den Bestimmungen der Rechtsprechung in Luxemburg als Hauptsitz unseres Unternehmens." Fragt man jedoch nach, ob "Routineanfragen im Rahmen normaler polizeilicher Ermittlungsverfahren" mehr sind als die Übermittlung von Angaben zur Identität eines Skype-Nutzers, so verweigert Skype jede Auskunft mit dem Hinweis, dass man grundsätzlich keine Auskunft zu laufenden Ermittlungsverfahren und zu technischen Details der Software gebe.

Die Frage einer Schnittstelle zur "lawful interception" bleibt somit unbeantwortet im Raume stehen. Allerdings deuten die Arbeiten an der "Elektronischen Schnittstelle Behörden" beim BKA auf eine gewisse Zusammenarbeit hin. In den Spezifikationen dieser Schnittstelle, die derzeit bei vier großen Providern getestet werden soll, wird zwischen einer "Vollausleitung IP" und einer "Vollausleitung VoIP" unterschieden. Möglicherweise werden so auf Vorrat die Telekommunikationsinhalte von Teilnehmern mitgeschnitten, die im Rahmen einer regulären Telefonüberwachungsmaßnahme abgehört werden. (Detlef Borchers) / (jk)