Nigeria legt Geschäfte mit Siemens auf Eis

Die Schmiergeldaffäre bei Siemens habe das Image des westafrikanischen Landes "ernsthaft beschädigt", urteilt die Regierung. Die Firma komme aus moralischer Sicht nicht mehr für die Vergabe neuer Aufträge in Betracht.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die Regierung Nigerias wird vorerst keine Aufträge mehr an den deutschen Siemens-Konzern vergeben. Hintergrund sind aufgedeckte Zahlungen an frühere Regierungsbeamte in Höhe von rund zehn Millionen Euro. Siemens soll die Schmiergelder gezahlt haben, um an Aufträge in dem westafrikanischen Land zu gelangen. Ein Vertrag für Leistungen im Bereich der Stromversorgung mit einem Volumen von 128,4 Millionen Naira (746.000 Euro) sei zudem gekündigt worden, berichtet die nigerianische Tageszeitung "This Day". Die Leistungen hätte das Unternehmen Siemens Nigeria Ltd. erbringen sollen, an der die Siemens AG mit 68 Prozent beteiligt ist. Die Schmiergeldaffäre bei Siemens habe das Image des Landes "ernsthaft beschädigt", urteilt die Regierung. Die Firma komme aus moralischer Sicht nicht mehr für die Vergabe neuer Aufträge in Betracht, heißt es bei "This Day".

Nigeria zählt laut Transparency International zu den Ländern, in denen Korruption am weitesten verbreitet ist. Im Jahresbericht 2007, dem sogenannten Global Corruption Barometer (PDF-Datei), der am heutigen Donnerstag in Berlin veröffentlicht wurde, wird das Land in einem Atemzug mit Albanien, Kambodscha, Kamerun, Mazedonien, Pakistan, den Philippinen, Rumänien und dem Senegal genannt. In all diesen Staaten liegt die auf Grundlage von Befragungen ermittelte Korruptionsrate laut Transparency International bei über 33 Prozent. Absoluter Spitzenreiter in Sachen Schmiergeldzahlungen ist danach der Senegal: 79 Prozent der Personen, die auf die Anfrage von Transparency International antworteten, erklärten, sie hätten im vergangenen Jahr Bestechungsgelder gezahlt, um bestimmte Dienstleistungen zu erhalten.

Allerdings kann man nicht sagen, die jetzige nigerianische Regierung würde der offenbar traditionell gepflegten Korruption im Land tatenlos zusehen. Nach zahlreichen Militärdiktaturen, die den mit rund 140 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Staat Afrikas über Jahrzehnte beherrschten, verfügt Nigeria erst seit 1999 über ein präsidiales Regierungssystem mit einem Senat und einem Repräsentantenhaus. Die Verfassung gewährleistet ein Mehrparteiensystem und alle vier Jahre stattfindende Wahlen. Seit einiger Zeit gibt es Antikorruptions-Initiativen wie das "Code of Conduct Bureau", die "Economic and Financial Crimes Commission" (EFCC), die "Nigeria Extractive Industry Transparency Initiative" (EITI) oder auch die "Independent and Corrupt Practices Commission" (ICPC). Der seit Mai amtierende neue Staatspräsident Umaru Yar'Adua hatte wiederholt angekündigt, energisch gegen korrupte Beamte im Land vorgehen zu wollen. (pmz)