EU-Parlament will attraktiveres Online-Angebot von TV- und Kinofilmen

Die EU-Abgeordneten haben Vorschläge zum Online-Vertrieb audiovisueller Werke verabschiedet. Sie machen sich darin unter anderem für Interoperabilität, flexiblere Verwertungsfenster sowie die Netzneutralität stark und lehnen "Buy-out"-Verträge ab.

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Das EU-Parlament hat mit großer Mehrheit Vorschläge zur Förderung des Online-Vertriebs audiovisueller Werke wie TV- oder Kinofilme verabschiedet. Die Volksvertreter folgten damit einem Berichtsentwurf des französischen Konservativen Jean-Marie Cavada zum Grünbuch (PDF-Datei) der EU-Kommission über Chancen und Herausforderungen für den digitalen Binnenmarkt in diesem Bereich. Die Abgeordneten halten es demnach vor allem für nötig, "das legale Angebot in Bezug auf Qualität und Quantität attraktiver und aktueller zu gestalten". Zudem sei die Online-Verfügbarkeit filmischer Werke sowohl in Originalversion mit Untertitel als auch in allen Amtssprachen der EU zu verbessern.

Die gewünschte Entwicklung eines "reichhaltigen und diversifizierten legalen Angebots an audiovisuellen Inhalten" sei insbesondere durch "flexiblere Verwertungsfenster" zu erreichen, hält das Parlament fest. Das gegenwärtige System der zeitversetzten Veröffentlichung von Inhalten dürfe nicht "als Mittel zur Blockierung der Online-Verwertung zum Schaden kleiner Produzenten und Händler verwendet werden". Andererseits sollen Rechteinhaber aber weiter frei entscheiden können, "zu welchem Zeitpunkt sie ihre Produkte auf verschiedenen Plattformen anbieten möchten".

Der Beschluss unterstreicht, dass die Anbieter beim Vertrieb audiovisueller Werke über digitale Plattformen "für Flexibilität und Interoperabilität" sorgen müssten, um damit das rechtmäßige Online-Angebot "entsprechend dem Marktbedarf" zu erweitern. Der grenzübergreifende Zugang zu Inhalten aus anderen Mitgliedstaaten sei zu fördern, gleichzeitig die Einhaltung der Urheberrechte sicherzustellen. Für legale Plattformen müssten alternative und innovative Mikro-Zahlungssysteme entwickelt werden, um die Nutzung für die Verbraucher zu erleichtern. Beispielhaft nennt der Bericht eine Abrechnung per SMS oder App. Im Idealfall sollten "unmittelbare Zahlungen an Urheber" enthalten sein

Die Abgeordneten betonen die Bedeutung der Netzneutralität, "um den gleichberechtigten Zugang zu Hochgeschwindigkeitsnetzen zu gewährleisten". Die Sicherung des offenen Internets sei für die Qualität rechtmäßiger audiovisueller Online-Dienste überaus wichtig. Sie sehen die Kommission in der Pflicht darauf hinzuarbeiten, dass europäische digitale Unternehmen geographische Einschränkungen wie das Blockieren von IP-Adressen unionsweit aufheben und den Verbrauchern erlauben, digitale Dienste von außerhalb ihres Herkunftsmitgliedstaats zu erwerben.

Die Brüsseler Regierungseinrichtung soll ferner einen Gesetzgebungsvorschlag für die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten vorlegen, der auf eine bessere Rechenschaftspflicht, Transparenz und verantwortungsvolle Führung der Verwertungsgesellschaften sowie wirksame Streitbeilegungsmechanismen abzielt. Die Lizenzierungssysteme müssten auch im Musiksektor klarer und einfacher gestaltet werden. Die Eingabe erinnert auch an die Notwendigkeit, "eine angemessene Vergütung der Rechteinhaber für den Online-Vertrieb audiovisueller Inhalte sicherzustellen". Sie appelliert daher an die Mitgliedstaaten, "Buy-Out-Verträge, die im Widerspruch zu diesem Prinzip stehen, zu verbieten".

Parallel drängen die Parlamentarier auf ein schärfere Vorgehen gegen illegale Download- und Streaming-Plattformen. Gefragt seien Mittel, die eine Nutzung von Zahlungssystemen und die Finanzierung solcher Dienste durch Werbung verhindern könnten. Die Abgeordneten bringen ferner "eine intelligentere Online-Durchsetzung von Urheberrechten" ins Spiel. Dabei müssten die Grundrechte, insbesondere die Informations- und Meinungsfreiheit, der Schutzes personenbezogener Daten und das Persönlichkeitsrecht, vollständig gewahrt bleiben. Denkbar seien weitere europäische und nationaler Aufklärungskampagnen, "um das Bewusstsein für die Bedeutung der Rechte des geistigen Eigentums zu schärfen und über die verfügbaren legalen Online-Vertriebswege für audiovisuelle Werke zu informieren". Crowdfunding wird als eine mögliche neue Finanzierungsart angesehen, die kurzfristig jedoch wohl keinen Ersatz für traditionelle Methoden bieten könne.

Für dringlich nötig halten die Volksvertreter eine Diskussion über das Problem der abweichenden Mehrwertsteuersätze in den Mitgliedstaaten und daraus folgende "konzertierte" Aktionen. Die Anwendung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die digitale Verbreitung kultureller Güter und Dienstleistungen sei in Erwägung zu ziehen, um die Ungleichbehandlung von Online- und Offline-Diensten zu beseitigen. Auf im und außerhalb des Internets verkaufte kulturelle Werke müsse derselbe Steuersatz angewendet werden. (jk)