Fingerabdrücke aus Reisepässen sollen nicht gespeichert werden

Die SPD hat nach eigenem Bekunden im Streit mit der Union durchgesetzt, dass Fingerabdrücke aus Ausweisdokumenten nicht für Fahndungszwecke freigegeben werden. Zur Identitätsfeststellung sollen sie aber nutzbar sein.

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Die SPD hat nach eigenem Bekunden im Streit mit der Union im Bereich der inneren Sicherheit durchgesetzt, dass Fingerabdrücke aus Reisepässen nicht für Fahndungszwecke freigegeben werden. Den eindringlichen Appellen von Datenschützern und Sicherheitstechnikern auf einer Anhörung im Bundestag am gestrigen Montag, die sensiblen Fingerabdruckdaten überhaupt nicht in die nächste Generation der E-Pässe einzuführen, will sich die SPD-Fraktion dagegen nicht anschließen. Bei dem Expertengespräch hatten unter anderem der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar und der Dresdener Informatikprofessor Andreas Pfitzmann die Verwendung von Fingerabdrücken zur stärkeren Bindung eines Passes an seinen Inhaber ausdrücklich abgelehnt. Es handle sich dabei um einen "europäischen Sonderweg", dem die USA nicht folgen würden, hatte Schaar betont. Pfitzmann warnte vor einer technischen "Katastrophe".

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelpütz verkündete nach einem Bericht der Welt nach der Anhörung, dass "Fingerabdrücke nicht auf Vorrat abgespeichert werden". Die Koalition verfolge diesen Plan der CDU/CSU-Fraktion nicht weiter, "weil die SPD nicht mitmacht". Es gebe Verfassungsbedenken gegen die Vorhaltung der Fingerabdrücke bei den Meldeämtern und einem wie auch immer gearteten Zugriff von Sicherheitsbehörden auf diese biometrischen Daten. Jetzt werde der Beschluss des Bundeskabinetts umgesetzt, die Fingerabdrücke in die biometrischen Pässen einzubauen und im Anschluss bei den Meldeämtern sofort wieder zu vernichten.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion rechnet auch bei dem umstrittenen Vorschlag von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der Polizei digitalen Zugang zu den digitalen Lichtbildern aus den Pässen bei den Meldebehörden zu verschaffen, mit einer baldigen Einigung. So brachte Wiefelspütz gegenüber der Berliner Zeitung einen Kompromiss vor, wonach die Ermittler zwar künftig die Passfotos zur Verfolgung von Straftaten erhalten könnten; einen automatischen Zugriff solle es aber nicht geben, da dies "gegen die Regeln der Zusammenarbeit der Behörden bei der Datenübermittlung" verstoße. Vielmehr solle die Polizei jeweils im Einzelfall bei der Meldebehörde eine Abfrage der Lichtbilder starten. Diese müsse dann entscheiden, ob ein Foto herausgegeben und etwa per verschlüsselter E-Mail an die Ermittler verschickt werde. Einer solchen Lösung widersetzte sich Schaar bei der Anhörung nicht.

Wiefelspütz zeigte sich insgesamt optimistisch, dass sich die Regierungskoalition in den nächsten Tagen auf das Passgesetz in dieser Form einigen werde. Schäuble habe in weiten Teilen Zustimmung signalisiert. Die FDP forderte die Bundesregierung und die große Koalition dagegen auf, die "richtigen Konsequenzen" aus den Ratschlägen der angehörten Experten zu ziehen und die Reisepässe sicherheitstechnisch nachzubessern. Die Experten hätten sehr drastisch vor Gefahren für das Persönlichkeitsrecht der Bürger durch die mangelnden Schutzmechanismen der Pässe gewarnt. Wenn Anhörungen einen politischen Sinn haben sollten, dann dürfe sich Schwarz-Rot nun nicht "beratungsresistent" zeigen. Auf eine Einführung von biometrischen Daten in die Personalausweise müsse angesichts der aufgeführten Risiken für die Persönlichkeitsrechte der Inhaber von biometrischen Ausweispapieren verzichtet werden.

Im Regierungsentwurf (PDF-Datei) zur Änderung des Passgesetzes selbst ist vorgesehen, einen Abruf von Lichtbildern durch die Polizei- und Bußgeldbehörden bei Ordnungswidrigkeitenverfahren im Straßenverkehr zuzulassen. Die Union forderte dagegen im Einvernehmen mit dem Bundesrat, einen automatischen Zugriff durch die Ermittler auch auf die neu zu erhebenden Fingerabdrücke zu erstrecken und bei allen Passdaten zur Straftatenverfolgung und Gefahrenabwehr zu ermöglichen. Die Bundesregierung sprach sich in Folge für die "Kompromissformel" aus, dass "im Falle der Übermittlung von Lichtbildern an die Polizei- und Ordnungsbehörden im Rahmen der Verfolgung von Straftaten und Verkehrsordnungswidrigkeiten" der Abruf des digitalen Fotos "im automatisierten Verfahren erfolgen kann".

Zum ePass, dem neuen elektronischen Personalausweis und den Auseinandersetzungen um Ausweise mit digitalisierten biometrischen Merkmalen siehe den Online-Artikel in c't – Hintergrund:

Zu den Auseinandersetzungen um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)