Dehnbare Chips für smartere Sensoren

Extrem flexible Schaltkreise sollen neuartige tragbare Gesundheitsmonitore ermöglichen, die die gewonnenen Daten gleich auswerten können.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Duncan Graham-Rowe

Extrem flexible Schaltkreise sollen neuartige tragbare Gesundheitsmonitore ermöglichen, die die gewonnenen Daten gleich auswerten können.

Das belgische Halbleiterforschungszentrum Interuniversity Micro Electronics Centre (IMEC) hat eine Methode entwickelt, mit der sich integrierte Schaltkreise in flexible und biegsame Materialien einbinden lassen, ohne dass ihre Funktionalität beeinträchtigt werden soll. Die Technik könnte zu neuartigen biomedizinischen Implantaten und in Kleidung einnähbare elektronische Bauteile mit hoher Leistung führen.

Flexible Elektronik besteht normalerweise aus einzelnen Komponenten, die in ein elastisches Material integriert sind und über dehnbare Leitungen miteinander in Verbindung stehen. Dieser Ansatz erlaubt nur recht einfache Systeme etwa für Sensoranwendungen, aber keine Hochleistungschips.

Jan Vanfleteren, Elektroingenieur an der Universität von Ghent und am IMEC, hat nun ein neues Verfahren entwickelt, dass das ändern soll. Dabei wird ein Standard-Mikrochip mit einer Dicke von 725 Mikrometern auf nur 30 Mikrometer "ausgedünnt" – mit Hilfe eines konventionellen Schleifprozesses. Die Rechenpower werde davon nicht beeinträchtigt, sagt der Wissenschaftler.

Die Chips werden bearbeitet, während sie sich noch auf dem Wafer befinden, in ein Substrat integriert und dann mit anderen Komponenten innerhalb eines Kunststoffmaterials verbunden. Dabei werden dehnbare Kupferverbindungen eingesetzt.

Vanfleteren hat bereits den Prototypen eines flexiblen Mikrocontrollers gezeigt, der sich um mehr als 50 Prozent seiner Ausgangslänge dehnen lässt – schon 20 Prozent würden für biomedizinische Geräte ausreichen. Das System lässt sich 10.000 bis 100.000 Mal biegen, bevor es bricht. Selbst ein Waschgang macht ihm nichts aus, was auch eine Verwendung innerhalb von Kleidung möglich macht.

Die Biegsamkeit kommt durch die Dünne der Chips, sagt Vanfleteren, doch das Material ist noch zu spröde, um wirklich dehnbar zu sein. Die S-förmigen Kupferverbindungen sorgen deshalb für eine problemlose Deformierbarkeit.

Dem Forscher zufolge könnten flexible medizinische Implantate aus diesen Schalkreisen beispielsweise physiologische Veränderungen überwachen und dann auch gleich reagieren – Daten müssten nicht mehr an externe Geräte mit stärkerer Hardware gesendet werden.

Andere Wissenschaftler wie John Rogers von der University of Illinois in Urbana-Champaign arbeiten an ähnlichen Ansätzen – aus Rogers' Forschung ist mittlerweile ein Start-up namens MC10 geworden. Allerdings wird bislang vor allem mit individuellen Schaltkreiskomponenten gearbeitet und nicht mit vorproduzierten Chips.

Rogers meint, dass die Nutzung vorhandener Halbleitertechnik es leichter machen würde, fortschrittliche Geräte zu bauen. "Ein zentraler Vorteil besteht darin, dass sich kommerzielle Komponenten in flexible, dehnbare Formen umkonfigurieren lassen", sagt er.

Stéphanie Lacour, Chefin des Laboratory for Soft Bioelectronic Interfaces an der EPFL in Lausanne, glaubt ebenfalls, dass der IMEC-Ansatz sich besser für die Massenproduktion eignet als andere Verfahren. Er sei kompatibel mit bestehenden Prozessen. "Interessant an der Idee ist vor allem, dass gelungen ist, konventionelle Materialien und Bausteine zu verwenden." (bsc)