Medientage: Deregulierungs- und Regulierungswünsche

Weniger Regulierung, am besten komplette Deregulierung: Die großen Infrastrukturanbieter haben große Wünsche und warnen vor Nachteilen im globalen Wettbewerb und im Rennen mit dem "unregulierbaren" Internet.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 14 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Weniger Regulierung bis hin zur kompletten Deregulierung ist das Schlagwort großer Infrastrukturanbieter bei den Münchner Medientagen. Sie warnen vor Nachteilen im globalen Wettbewerb und im Rennen mit dem "unregulierbaren" Internet. Neben den Deregulierungs- gibt es aber auch Regulierungswünsche, etwa im Bereich der Standards von IPTV. Bei einer vom Branchenverband Bitkom initiierten Podiumsdiskussion empfahl eine Siemens-Vertreterin, dass der Regulierer für offene Standards sorgen solle.

Deregulierung wünschen sich etwa die Deutsche Telekom oder die TV-Kabelnetzbetreiber. Wenn die EU etwa verordne, dass 50 Prozent der Filme in einem Abrufangebot für Western aus Europa kommen müsse, dann werde diese Datenbank hier eben nicht entstehen, sondern anderswo, warnte Peter Heinacher, Leiter Politische Interessenvertretung und Regulierungsgrundsätze bei der Telekom. Medienpolitik sollte als Medienwirtschaftspolitik verstanden werden. "Wir befinden uns im Wettbewerb der Infrastrukturen", sagte Christoph Clément, Direktor Recht und Regulierung bei Kabel Deutschland, mit Blick auf DSL und IPTV. "Das setzt voraus, dass wir mit den gleichen Waffen kämpfen können."

"Google und YouTube könnnen machen, was sie wollen, bei IPTV bestehen regulatorische Eingschränkungen", sagte auch Lydia Aldejohann vom Bereich Business Innovation bei Siemens. Allerdings plädierte sie durchaus für einen Eingriff des Regulierers in Richtung offene Standards: "Jeder muss auf IPTV-Plattformen Fernsehen anbieten können, und der Konsument sollte andererseits auch umziehen können, ohne dass er eine neue Box braucht", meinte Aldejohann. Daher gebe es einen "extremen Bedarf" an offenen Standards, wo derzeit vor allem proprietäre Standards sich etablierten. "Wenn wir da lange warten, hat uns das Internet überholt." Sandra Heuser, Rechtsanwältin bei Microsoft Deutschland, entgegnete, auf die von ihr in der Kooperation mit der Deutschen Telekom entwickelten Schnittstellen habe bislang jedes interessierte Unternehmen aufsetzen können.

Bei der Regulierung von Standards sei man im Dilemma, so dazu Hans Ernst Hanten. Er leitet die Gruppe Medien und Internationale Angelegenheiten im Kultur- und Medienbereich beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. "Manche Firmen kommen und sagen, wir müssten offene Standards verordnen, andere kommen und sagen uns, wir dürften das auf keinen Fall regulieren." Lieber sei es ihm tatsächlich, wenn sich hier die Unternehmen einigten. Hanten widersprach der Kritik, dass Deutschland besonders stark reguliere. Die von Heinacher beschworene Inhaltsquote gebe es so nicht, auch nicht in der geplanten Neufassung der EU-Fernsehrichtlinie. Er warb vielmehr für eine stärkere Zusammenarbeit von Unternehmen und Regulierung im Bereich Koregulierung und attraktive Inhalte für Kinder und Jugendliche.

Zu den Münchner Medientagen siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)