Urteil: Namensnennung in Foren muss Privatsphäre nicht tangieren

Einem Urteil des Landgerichts Berlin zufolge verletzt die Nennung von Namen in Webforen gegen den Willen der Genannten nicht in jedem Fall deren Recht auf Schutz ihrer Privatsphäre.

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Von
  • Joerg Heidrich

Nach einem Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. Oktober 2007 stellt eine Berichterstattung in einem Internetforum, die zur Erkennbarkeit der benannten Person führt, einen rechtswidrigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Ein solches Verhalten kann allerdings dem Urteil zufolge dann zulässig sein, wenn der Betroffene durch sein eigenes Verhalten, etwa durch Veröffentlichung seines Namens und von Privatbildern, aus der Anonymität herausgetreten sei.

Dem Urteil liegt ein Streit unter Katzenfreunden zugrunde. Ende 2006 hatte eine Züchterin eine Siamkatze verkauft. Kurz danach stellte der Käufer sich unter Hinweis auf den Katzenkauf in einem Internetforum vor und nannte dabei den Vornamen der Züchterin. Im Anschluss daran dokumentierte er dort regelmäßig sein Leben mit dem Tier und stellte hierzu Fotos von sich und seinen drei Katzen ins Netz.

Im Mai 2007 nahm die Züchterin die erkrankte Katze zurück und berichtete hierüber in ihrem eigenen Webforum unter Nennung des Antragsstellers. Darauf wiederum reagierte der Käufer in einem anderen Forum und nahm unter Nennung des Namens der Antragsgegnerin seinerseits Stellung zum Kauf, Rückkauf und zum Gesundheitsverlauf der Katze. Weiterhin verwies er auf Fehler der seiner Ansicht nach unwissenden Zuchtanfängerin. Im Juni 2007 erwirkte er schließlich eine einstweilige Verfügung gegen die Züchterin. Er sah sich durch die ihn identifizierenden Beiträge der Antragsgegnerin in deren Forum in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

Dieser Argumentation folgten die Richter des Landgerichts Berlin jedoch nicht und hoben die Verfügung mit der jetzt vorliegenden Urteilsbegründung auf. Die beanstandeten Beiträge verletzen den Antragsteller entgegen seiner Ansicht nicht in seiner Privatsphäre. Dieser habe sich vielmehr "durch sein eigenes Verhalten des Schutzes eines Teils seiner Privatsphäre, nämlich soweit es um seine Katzenhaltung geht, begeben".

Grundsätzlich umfasse der Schutz der Privatsphäre Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" einzustufen sind, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als peinlich empfunden werde oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöse. Dieser Schutz erstrecke sich auch auf "einen räumlichen Bereich, in dem der Einzelne zu sich kommen, sich entspannen oder auch gehen lassen kann".

Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfalle aber, wenn sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden, etwa indem er Exklusivverträge über die Berichterstattung aus seiner Privatsphäre abschließt. Er könne sich dann nicht gleichzeitig auf den Privatsphärenschutz berufen.

Wie sich aus den Internetbeiträgen des Katzenkäufers entnehmen lasse, habe dieser aus seiner Privatsphäre bezüglich seiner Katzenhaltung keinen Hehl gemacht. Insbesondere habe er sich schon vorher den anderen Forumsteilnehmern unter Nennung seines Vornamens und Fotoveröffentlichungen von sich und seinen Katzen zu erkennen gegeben. Er müsse sich nunmehr in der öffentlichen Auseinandersetzung in den Internetforen auch Kritik an seiner Person und seiner Katzenhaltung gefallen lassen, solange diese die Grenzen zur Schmähkritik nicht überschreitet und nicht auf unwahren Tatsachenbehauptungen basiert. (Joerg Heidrich) / (hob)