Hohe Zahl von Beschwerden über Verstöße gegen Jugendschutz im Netz

Am 12. Februar soll am "Safer Internet Day" wieder über Gefahren im Internet und Schutzmöglichkeiten informiert werden. Bundesinitiative "Ein Netz für Kinder" kündigte zudem ein Förderprogramm für Internetangebote an.

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Von
  • Jürgen Kuri

Bei der Organisation jugendschutz.net sind im Januar so viele Beschwerden über jugendgefährdende Angebote im Internet eingegangen, wie bislang in keinem Monat zuvor. Mehr als 750 Hinweise – vor allem auf pornografische Inhalte – seien von den Experten bearbeitet worden, wie die bundesweite Einrichtung mit Sitz in Mainz mitteilte. Daneben wurden laut dpa unter anderem auch Magersucht verherrlichende oder rechtsextreme Seiten gemeldet.

Gegründet wurde jugendschutz.net 1997 als gemeinsame Stelle der Jugendministerien aller Bundesländer mit dem Ziel, das Internet auf Verstöße gegen den Jugendschutz zu kontrollieren. Und die gibt es laut der Organisation reichlich: Die Zahl der Beschwerden habe sich in den vergangenen zwei Jahren fast verdoppelt. 2007 wurden 2650 Internetangebote reklamiert – durch eigene Recherche und teilweise anonyme Tipps von außen.

"Je mehr Hinweise wir bekommen, desto besser können wir gegen die Verstöße vorgehen", sagte der Leiter der Stelle, Friedemann Schindler, unter Hinweis auf den "Safer Internet Day" am 12. Februar. Außerdem könnten er und seine knapp 20 Mitarbeiter "dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche auch im Netz auf nichts stoßen, was wir ihnen offline nicht zumuten würden", ergänzte er. Bei schweren Fällen wie Kinderpornografie schalte jugendschutz.net das Bundeskriminalamt ein. Ansonsten werde zunächst der Anbieter der Webseite identifiziert und angeschrieben. Bleibe das erfolglos, informiere die Stelle die Kommission für Jugendmedienschutz, die Bußgelder verhängen kann.

Die KJM wurde im Rahmen der Neugestaltung des Jugendmedienschutzrechts mit ihren Aufgaben betraut. Nach dem Amoklauf an einem Gymnasium in Erfurt 2002 hatte es heftige Diskussionen über die Gefährdung von Jugendlichen und Kindern etwa durch Computerspiele und Internetseiten gegeben; dies hatte mit dazu geführt, das Jugendmedienschutzrecht zu verschärfen: Am 1. April 2003 traten die aktuellen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz (Jugendschutzgesetz,  JuSCHG, und Jugendmedienschutzstaatsvertrag,   JMStV) in Kraft.

Nach dem Jugendschutzgesetz des Bundes müssen auch Computerspiele wie zuvor Kino- und Videofilme mit einer Altersfreigabe gekennzeichnet sein. Alle neuen Medien, auch Internetseiten, können zudem auf den Index gesetzt werden und Sperrungsverfügungen unterliegen. Erweitert und verschärft wurden außerdem die Verbote für schwer jugendgefährdende Medien. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder verpflichtet Anbieter von "Telemedien" unter anderem, Jugendschutzbeauftragte zu bestellen oder sich an eine Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und lizenzierte Filterprogramme einzusetzen, um Kindern und Jugendlichen den Zugang zu pornografischen, aber auch allgemein "entwicklungsbeeinträchtigenden" Inhalten zu verwehren. Der Staat überwacht mit Hilfe der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) die Einhaltung der Regeln. Eine Überprüfung dieser Regelung soll bis zum April 2008 erfolgen; das Hans-Bredow-Institut hatte dafür im Oktober vergangenen Jahres seinen Prüfbericht vorgelegt.

Am "Safer Internet Day" 2008 soll wie schon in den Jahren zuvor europaweit über Gefahren im Internet und Schutzmöglichkeiten informiert werden. Im Vorfeld startete die Bundesinitiative "Ein Netz für Kinder" ein Förderprogramm: Der Bund unterstützt mit jeweils 1,5 Millionen Euro in drei Jahren qualitätsvolle Internetangebote für Kinder. Profitieren sollen davon vor allem kleine und mittlere Anbieter von Informations-, Bildungs- und Unterhaltungsangeboten, aber auch interaktive Plattformen und kindersichere Chats, teilte das Kuratorium mit. Ein Schwerpunkt sei auch die Förderung von Internetangeboten für benachteiligte Kinder. Sie könnten die Möglichkeiten des Internet gegenwärtig nicht ausreichend nutzen.

Die Initiative "Ein Netz für Kinder" hatten Bundeskulturminister Bernd Neumann und Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) im vergangenen Jahr ins Leben gerufen; parallel hatten Unternehmen der Multimediabranche die Internetplattform www.fragFINN.de geschaffen. Die Webseite soll Zugang zu ausschließlich kindergerechten Angeboten bieten; in das "Netz für Kinder" stellt eine Redaktion nur geprüfte Inhalte ein. fragFINN.de soll dann als Startseite im Webbrowser dienen; mit einem Browser-Plugin kann zusätzlich der Zugang zu nicht von fragFINN.de genehmigten Seiten verhindert werden. Der Ansatz stieß von Anfang an auf Kritik, nicht nur wegen möglicherweise unklarer redaktioneller Einflüsse und leicht zu umgehender Seitensperren – die Fraktion der Linken im Bundestag bemängelte etwa, dass das Portal auch "kindergerechte Werbung" und Bezahlangebote enthalten solle.

Zum Start des Förderprogramms meinte Hans Ernst Hanten, Kuratoriumsvorsitzender und Leiter der Gruppe Medien beim Bundeskulturminister, nun laut dpa: "Das Internet entwickelt sich bei Kindern inzwischen immer mehr zum Leitmedium." Kinder bräuchten eigene Angebote, damit sie die Chancen des Internets gefahrlos nutzen könnten. Mit der Förderung sollten kreative und spannende Angebote mit einem hohen Maß an Sicherheit entstehen. Sie sollten zudem die Interessen und Bedürfnisse der Kinder aufgreifen. Förderanträge können vom 15. Februar an eingereicht werden. Antragsformulare gibt es unter www.ein-netz-für-kinder.de oder bei der Erfurter Geschäftsstelle der Initiative "Ein Netz für Kinder". (jk)