Uni Düsseldorf hat Schavan den Doktortitel entzogen

Die Wissenschaftsministerin habe "vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen (vorgegeben), die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte".

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Von
  • Florian Rötzer

Der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf hat trotz des vorausgegangenen Drucks seitens der CDU und der Wissenschaftsorganisationen der Wissenschaftsministerin Annette Schavan den Doktorgrad entzogen und ihre schriftliche Promotionsarbeit für ungültig erklärt. In der heutigen Sitzung wurde mit 12 Ja-Stimmen und nur 2 Nein-Stimmen und einer Enthaltung eine ziemlich eindeutige Entscheidung getroffen.

In der Presseerklärung des Dekans der Philosophischen Fakultät heißt es vernichtend, "dass in der Dissertation von Frau Schavan in bedeutendem Umfang nicht gekennzeichnete wörtliche Übernahmen fremder Texte zu finden sind. Die Häufung und Konstruktion dieser wörtlichen Übernahmen, auch die Nichterwähnung von Literaturtiteln in Fußnoten oder sogar im Literaturverzeichnis ergeben der Überzeugung des Fakultätsrats nach das Gesamtbild, dass die damalige Doktorandin systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte." Dass Schavan durch Plagiate vorsätzlich getäuscht hatte, wurde sogar mit 13 Ja-Stimmen und 2 Enthaltungen bestätigt.

Der Fakultätsrat wird die Gründe für die Entscheidung Schavan zukommen lassen. Gegen den Entscheid kann innerhalb von 4 Wochen Widerspruch eingelegt werden, was die Ministerin bereits angekündigt hat. Als nicht notwendig wurde vom Fakultätsrat ein externes Gutachten betrachtet, das von interessierter Seite gefordert worden war. Auch die "erziehungswissenschaftliche Promotionskultur der 80er Jahre", auf die die anwaltliche Vertretung der Ministerin verwiesen hatte, wurde nicht als entlastend gewertet, da damals die "Zitierstandards der Erziehungswissenschaft" die gleichen wie heute gewesen seien und in "einschlägigen Leitfäden und Handreichungen" auch damals deutlich gemacht wurde, "dass nicht gekennzeichnete wörtliche Übernahmen fremder Texte als Textplagiate zu werten sind und Sanktionen nach sich ziehen müssen, wenn sie entdeckt werden". Von einer "Rückprojektion heutiger Standards in die damalige Zeit" könne mithin nicht die Rede sein.

Auch wenn der lange Zeitabstand möglicherweise zugunsten Schavans sprechen könne und sie vor der Promotion keinen anderen Studienabschluss erlangt hatte, damals war noch eine direkte Promotion möglich, spreche gegen sie die "Qualität sowie der Umfang der festgestellten Plagiatsstellen - und das öffentliche Interesse am Schutz der Redlichkeit wissenschaftlichen Qualifikationserwerbs".

Die Anwälte Schavans kündigten eine Klage gegen die Entscheidung an und werfen der Uni Düsseldorf ein "fehlerhaftes Verfahren" vor, die Entscheidung sei "materiell rechtswidrig". Schavan räumt höchstens ein, sie habe "Flüchtigkeitsfehler" begangen. Mit dem Entzug des Doktortitels hat Schavan keinen wissenschaftlichen Abschluss mehr.

Der studentische Dachverband fzs fordert schon mal den Rücktritt von Schavan: "Als Wissenschaftsministerin kann Schavan wissenschaftliche Standards nicht länger in einer öffentlichen Debatte zur Disposition stellen. Mit der Debatte um die Relativierung der Vorwürfe wurde der Wissenschaftslandschaft bereits genug geschadet. Schavan kann keine Sekunde länger für eine verantwortungsvolle Wissenschaftspolitik stehen."

Während sich Vertreter der Regierungskoalition weiter hinter Schavan stellen und wie Michael Kretschmer (CDU), Unionsfraktionsvize im Bundestag, die Entscheidung als "Farce" abzuwerten suchen, sprechen sich Vertreter der Opposition erwartungsgemäß für einen Rücktritt der Ministerin aus. (fr)