LG-Urteil stärkt elektronische Leseplätze in Bibliotheken

Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt hat einen Antrag des Fachverlags Ulmer zurückgewiesen, wonach Bibliotheken Werke aus ihrem Bestand erst nach Lizenzverhandlungen mit den Rechtehaltern digital zugänglich machen dürften.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 22 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Das Landgericht Frankfurt hat einen Antrag des Fachverlags Ulmer zurückgewiesen, wonach Bibliotheken Werke aus ihrem Bestand erst nach Lizenzverhandlungen mit den Rechteinhabern digital zugänglich machen dürften. Aus der jetzt veröffentlichten Begründung (PDF-Datei) eines Urteils vom 13. Mai (Az.: 2-06 O 172/09) geht hervor, dass gemäß Paragraph 52 b Urheberrechtsgesetz (UrhG) begünstigte öffentliche Einrichtungen unabhängig von einem etwaigen elektronischen Verlagsangebot ihre eigenen Bestände digitalisieren und für Forschung und private Studien zum Abruf vor Ort an elektronischen Leseplätzen bereithalten können. Das 2008 in Kraft getretene Nutzungsprivileg könne lediglich durch bereits bestehende vertragliche Regelungen ausgeschlossen werden.

Konkret hatte sich Ulmer gegen die Praxis der Einrichtung elektronischer Leseplätze und deren Bewerbung im Internet an der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (ULB) in einem Musterprozess gewandt, nachdem der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Anfang März zunächst die Universitätsbibliothek Würzburg im Visier hatte. Eine Urheberrechtsverletzung liege durch die Digitalisierung und das Zugänglichmachen innerhalb der Räume der ULB nicht vor, befand die 6. Zivilkammer. Die Voraussetzungen von Paragraph 52 b UrhG lägen "im Wesentlichen" vor.

Umstritten war in dem Fall auch, ob der Bibliotheksbenutzer seinerseits ein Recht hat, von den digitalen Werken Kopien für seinen eigenen Gebrauch herzustellen. Die Kammer stellt dazu fest, dass "eine sinnvolle Arbeit mit längeren Texten regelmäßig die Möglichkeit" voraussetze, Vervielfältigungen "herzustellen und diese mitzunehmen". Dieses Zugeständnis beziehe sich aber allein auf analoge Papierkopien. Nicht gerechtfertigt sei die Möglichkeit, "Digitalisate als Datei auf ein digitales Medium zu speichern und aus der Bibliothek mitzunehmen". Das Landgericht untersagte es in dem Eilverfahren so der ULB, das Herunterladen der digitalen Bücher etwa auf USB-Sticks zu gestatten und gab in diesem Punkt dem Kläger Recht. Das Angebot müsse sich laut der gesetzlichen Regelung nämlich auf eine Nutzung in den Räumen der Bibliothek beschränken.

Für die Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbands, Gabriele Beger, ist die Entscheidung damit zwar "ein erster Schritt hin zur Rechtssicherheit" bei der Anwendung der Gesetzesbestimmungen zu elektronischen Leseplätzen. Das Landgericht habe aber das in Paragraph 53 UrhG durch den Gesetzgeber ausdrücklich auch für den wissenschaftlichen Gebrauch verankerte Recht auf eine digitale Privatkopie "in bedauerlicher Weise zulasten der Nutzer eingeschränkt". Zuverlässiges Zitieren oder wissenschaftlichen Kommentieren müsse heutzutage auch in elektronischer Form möglich sein, was entsprechende Kopierfreigaben erforderlich mache. Sollten beide Seiten von der Anstrengung eines Berufungsverfahrens absehen, müsse der Gesetzgeber hier wohl größere Klarheit schaffen. (Stefan Krempl) / (pmz)