FSF-Guru Stallman fordert ausschließlich freie Software in Behörden

Der Gründer der Free Software Foundation ist der Ansicht, die öffentliche Verwaltung dürfe keine proprietäre Software einsetzen. Es sei Aufgabe des Staates, eine freie Gesellschaft aufrecht zu erhalten.

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Richard Stallman, der streitbare Gründer der Free Software Foundation (FSF), will die öffentliche Verwaltung endgültig zur Microsoft-freien Zone erklärt wissen. Regierungseinrichtungen und die öffentliche Verwaltung "müssen ausschließlich freie Software nutzen", betonte der Programmierer am gestrigen Montagabend bei einem Vortrag in Berlin auf Einladung des newthinking store und des Blogs netzpolitik.org. Keine Behörde könne rechtmäßig proprietäre Software nutzen, da der Staat dem Allgemeinwohl verpflichtet sei und eine freie Gesellschaft aufrechterhalten müsse. Da dürfe es nicht sein, dass die IT-Landschaft "in private Hände" falle.

Vor allem kommt es laut Stallman darauf an, dass Schulen "allein freie Software unterrichten und einsetzen". Damit könnten sie zum einen Geld sparen. Frei heiße zwar nicht unbedingt kostenlos. Aber gerade für Ausbildungsstätten sei die Freiheit wichtig, "Programme weiter zu verbreiten". Dass Firmen mit einem proprietären Softwaremodell ihre Programme und Hardware an Schulen fast kostenlos abgeben und immer wieder damit auf Lobby-Tour ziehen, ist dem FSF-Guru dagegen ein Dorn im Auge. Das sei schließlich kein Idealismus. Vielmehr "wollen die Konzerne Abhängigkeiten generieren". Es handle sich um eine Falle wie bei der Verbreitung von Drogen: "Der erste Schuss ist immer gratis", erinnerte Stallman an ein altes Dealer-Motto. Stallman sparte zudem nicht mit beißender Kritik an Computergrößen wie Microsoft oder Apple. Windows ist für ihn reine "Spyware", da etwa der Windows Media Player die "totale Überwachung" der konsumierten Medienprodukte erlaube. Vista sei besonders schädlich, da sein hauptsächliches Ziel die Unterstützung des "digitalen Restriktionsmanagements" (DRM) sei.

Der FSF-Gründer betonte aber auch die Bedeutung freier Software für die Wirtschaft. Anders als bei proprietären Programmen könne sich nämlich jeder zusätzliche Dienstleistungen frei auswählen. "Freie Software bringt einen freien Servicemarkt mit sich", erklärte er. Sei es da nicht eine große Ironie, dass das proprietäre Lager "uns als Kommunisten bezeichnet, während wir einen freie Markt zulassen und sie nicht?" Microsoft und Apple warf Stallman vor, trotz – oder gerade wegen – all dem Pochen auf Immaterialgüterrechten "nicht an privates Eigentum zu glauben. Sie sagen, Eure Kopie ist ihr Eigentum, alles gehört ihnen".

Als Ziel der Free-Software-Bewegung nannte Stallman, der am Ende seiner Rede einmal mehr als "St. IGNUtius" im Sinne eines Verfechters des GNU/Linux-Systems auftrat und auf Wunsch eines Zuhörers die Hymne der freien Hacker vorsang, die "Befreiung des Cyberspace und aller sich darin Befindlicher". Dafür sei es aber wichtig, weiter für den Einsatz freier Software zu streiten und "Verschwörungen von Firmen" zu unterbinden, die sich gegen die allgemeine Verfügbarkeit vorhandener Technologien richten würden. "DRM ist immer Teil einer solchen Verschwörung", führte Stallman aus, wobei dann ein Unternehmen dem anderen die Schuld in die Schuhe schiebe, wieso man etwa keine Kopien gekaufter Medien mehr anfertigen dürfe. "Jeder" in diesem Komplott sei zur Rechenschaft zu ziehen, echauffierte sich der Vordenker. Die verantwortlichen Manager von Bill Gates über Steve Jobs bis hin zu den Chefs der Plattenlabels "sollten dafür ins Gefängnis wandern".

Nicht zuletzt empörte sich Stallman über "Bemühungen großer Konzerne", Softwarepatente in Europa hoffähig zu machen. Das Europäische Patentamt schimpfte der Aktivist in seiner Tirade eine "kriminelle Einrichtung", da es die selbst unterzeichneten Übereinkommen nicht ernst nehme und weiterhin Softwarepatente ausschütte. Microsoft warf er zudem vor, seit zehn Jahren mit dem Verweis auf angebliche Patentansprüche auf GNU/Linux Unsicherheit zu verbreiten und Klagen anzudrohen. Umso wichtiger sei im Gegenzu der politische Aktionismus von Programmierern freier Software. (Stefan Krempl) / (jk)