Online-Fernleihe via Subito nur noch mit digitalen Fesseln [Update]

Der Kopienversanddienst Subito hat als Reaktion auf das neue Urheberrechtsgesetz seine Vertragsbedingungen deutlich verschärft, die Preise saftig erhöht und E-Mail-Lieferungen stark eingeschränkt.

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Der wissenschaftliche Dokumentenlieferdienst Subito hat nach Inkrafttreten des neuen Urheberrechtsgesetzes seine Vertragsbedingungen deutlich verschärft, die Preise saftig erhöht und E-Mail-Lieferungen stark eingeschränkt. Dabei geht die aus einer Initiative von Bund und Ländern hervorgegangene Einrichtung weit über die geänderten gesetzlichen Bestimmungen hinaus.

Laut einer heise online vorliegenden Anlage zum Rahmenvertrag des Dienstleisters kann der Endkunde das gekaufte Dokument "ansehen und zweimal ausdrucken". Eine einmalige Weiterleitung beim Empfang durch eine Hilfskraft wird als optionales Zugeständnis aufgeführt. Spätestens einen Monat nach dem Datum der Lieferung läuft das elektronische Dokument zudem unwiderruflich ab "und ist nicht mehr zugänglich". Dazu wird jede Seite des Ausdrucks mit einem Wasserzeichen versehen.

Subito explizit angeschlossene Lieferbibliotheken dürfen Kopien auch nur noch über den Dienst ausliefern, und nicht mehr etwa über andere übliche Leihverkehrsordnungen. Die Preise für den elektronischen Versand wurden auf mindestens 7,75 Euro statt anfangs 5 DM angehoben. Zuletzt lagen die Kosten Ende 2007 bei 5 Euro. Darüber hinaus führt Subito bei den PDF-Kopien auf Lizenzbasis im Gegensatz zu den auf minimal 6,50 Euro festgesetzten Fax- oder Postlieferungen keine Kopiervergütung mehr an die VG Wort ab. Dazu kommt eine neue umstrittene Verpflichtung von Subito und der Lieferbibliotheken. Diese sollen demnach innerhalb von 18 Monaten die Möglichkeiten schaffen, binnen Jahresfrist höchstens zehn Kopien aus einer einzelnen Zeitschrift pro Institution (oder auch Kundenbibliothek, Campus) zu versenden. Über die betroffenen Journale soll ein Ausschuss von Subito und den Verlagen entscheiden.

Der Lieferdienst habe sich mit seiner falschen Auslegung der Urheberrechtsnovelle "über den Tisch ziehen lassen" von den Verlagen und deren Lobby, dem Börsenverein des deutschen Buchhandels, wettert Harald Müller, Direktor der Bibliothek des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg. Der gegenüber der Öffentlichkeit bislang weitgehend verborgen gehaltene "Knebelvertrag" sei "katastrophal" für die Nutzer wissenschaftlicher Informationsdienste und "sabotiere bewusst den Willen des Gesetzgebers".

Einem Studenten, der durchschnittlich fünf Euro pro Tag für Essen und Trinken ausgebe, darf laut Müller für eine Kopie geistiger Nahrung auf keinen Fall mehr abgeknöpft werden als sein Tagespensum für Aufwendungen gegen Hunger und Durst hergebe. Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) will sich dem Vernehmen nach vom Treiben Subitos distanzieren. Es gebe derzeit keine Notwendigkeit, aufgrund des neuen Urheberrechts Verträge mit irgendwelchen Parteien für den Kopienversand abzuschließen.

Mit dem so genannten 2. Korb der Urheberrechtsreform hatte der Gesetzgeber den Versand digitaler Kopien von Fachartikeln über Dienste wie Subito erstmals auf eine rechtliche Basis gestellt. Dabei gelten aber einige Einschränkungen. So ist der Versand nur als grafische, nicht durchsuchbare Datei per E-Mail möglich und nur für Zwecke des Unterrichts und der Forschung. Ferner gilt die Klausel allein, wenn der jeweilige Verlag nicht ein eigenes Angebot zu in der Regel deutlich höheren Preisen "für jeden offensichtlich, zu jeder Zeit, an jedem Ort und zu angemessenen Bedingungen" bereithält.

Die kursiv hervorgehobenen Passagen wurden nach Rücksprache mit Subito geändert beziehungsweise hinzugefügt.

(Stefan Krempl) / (anw)