Armband mahnt Krankenhauspersonal zu mehr Hygiene

Ein US-Start-up hat ein tragbares Sensorsystem mit Funkchip entwickelt, das Ärzte und Pfleger in Krankenhäusern dazu motivieren soll, sich ihre Hände korrekt zu waschen.

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Von
  • Susan Young

Ein US-Start-up hat ein tragbares Sensorsystem mit Funkchip entwickelt, das Ärzte und Pfleger in Krankenhäusern dazu motiviert, sich ihre Hände korrekt zu waschen.

Die junge Firma IntelligentM will Krankenhäuser und Arztpraxen für Patienten und Pflegepersonal gesünder machen: Sie hat eine technische Lösung entwickelt, die sicherstellen soll, dass Medizinkräfte ihre Hände richtig reinigen. Das Verfahren basiert auf einem Sensorarmband, das über Vibrationssignalen mitteilt, ob der Träger ausreichend geschrubbt hat.

Was zunächst etwas merkwürdig klingt, könnte ein großes Problem lösen helfen: Allein in den USA sterben jährlich rund 100.000 Menschen aufgrund von Infektionen, die sie sich in Krankenhäusern zugezogen haben. In Deutschland sind es jährlich 30.000 Todesfälle. Viele dieser Ansteckungen entstehen, weil Ärzte, Krankenschwestern und technische Mitarbeiter es mit der Hygiene nicht genau genug nehmen. Manche Versicherungsgesellschaft hat deshalb bereits damit begonnen, Krankenhäuser nicht mehr zu vergüten, wenn feststeht, dass es sich um eine auf diesem Weg übertragene Erkrankung handelt.

In den USA wird das Hygieneverhalten des Pflegepersonals nur durch speziell dafür abgestelltes Kontrollpersonen erfasst, die Stichproben durchführen. "Die Leute sollen wissen, dass sie beobachtet werden und ihr Verhalten entsprechend anpassen", sagt Polly Trexler, Direktorin für Krankenhausepidemiologie am Johns Hopkins Hospital in Baltimore. Das Problem: Diese Form der direkten Überwachung ist kosten- und arbeitsintensiv und findet normalerweise nur tagsüber statt.

Anonym durchgeführte Studien haben ermittelt, dass Krankenhausmitarbeiter sich teilweise nur zur Hälfte der Zeit an die vorgegebenen Hygienestandards halten. IntelligentM ist nur eine von mehreren Firmen, die versucht, sich dem Problem technisch zu nähern. Andere Lösungen nutzen Messgeräte, die prüfen, wie viel Reinigungsflüssigkeit verwendet wurde oder verwenden chemische Sensoren, die Seife und Desinfektionsmittel erkennen. RFID-basierte Systeme erfassen wiederum die Lokation jeder Reinigungsstation und können überwachen, ob ein Krankenhausbediensteter wirklich vor Ort war.

"Alle versuchen dabei, das gleiche Problem zu lösen", sagt Brent Nibarger, Kundendienstchef bei BioVigil, einer Firma, die ein chemisches Monitoring entwickelt hat, das prüfen kann, ob die Hände des Pflegepersonals auch wirklich mit Desinfektionsmittel in Kontakt kamen. Die Herausforderung liege nun darin, ein möglichst effizientes System zu entwickeln, das mit dem schnellen Rhythmus klinischer Abläufe auch mithalten kann.

Das Armband von IntelligentM könnte diese Lösung sein: Es liest ein RFID-Tag an jeder Wasch- und Hygienestation und weiß dadurch, wo sich eine Pflegekraft aufhielt. Ein Beschleunigungssensor erfasst dann, wie viel Zeit ein Angestellter beim Händewaschen verbringt. Nach einem korrekt durchgeführten Hygienevorgang vibriert das Armband einmal, bei zu geringem Reinigungseinsatz dreimal.

"In den vergangenen zwei Jahren haben wir eine Technik entwickelt, die erlaubt, Krankenhauspersonal an Ort und Stelle zu informieren, ob sie sich hygienisch richtig verhalten", sagt IntelligentM-Präsident Seth Freedman. Dabei halte man sich genau an die Vorgaben der US-Gesundheitsbehörden.

Weil die RFID-Tags auch am Eingang der Patientenräume sowie an wichtigen Medizingeräten platziert sind, ist es sogar möglich, zu warnen, wenn ein besonders gefährlicher Vorgang wie das Legen eines Katheters ansteht und es zuvor an der Hygiene mangelte. Das System kann außerdem am Ende einer Schicht über ein MicroUSB-Kabel ausgelesen werden. Somit haben Krankenhausepidemiologen die Möglichkeit, später zu prüfen, wie das Wohlverhalten der Mannschaft wirklich ausfällt.

Ein RFID-Lesegerät für ein solches Monitoring müsse sehr schnell sein, sagt Expertin Trexler, deren Krankenhaus bereits mit einem anderen RFID-System experimentiert hat. Dieses habe einen schnellen Schuss Desinfektionsmittel oft nicht erkannt, den ein Pfleger zwischen zwei Patienten verwendete.

Die Feedbackmöglichkeit des IntelligentM-Armbands hält sie für sinnvoll. Problematisch sei höchstens, dass das Gerät selbst zum Hygieneproblem werden könnte. "Viele Leute waschen sich bis zur halben Armlänge hinauf." Sollte die Technik so arbeiten, wie angekündigt, könne sie aber gute Informationen liefern. "Besonders der Rund-um-die-Uhr-Aspekt ist fantastisch – und ich glaube, dass das sehr wichtig ist, damit es wirklich Veränderungen gibt."

Ein Krankenhaus in Florida testet das IntelligentM-System seit Dezember, weitere zwei Spitäler in dem US-Bundesstaat sollen folgen. Obwohl die Firma sich anfangs auf den Gesundheitsbereich konzentrieren will, könnte das Armband auch in anderen Branchen Verwendung finde – etwa in Großküchen oder beim Hygienetraining in Schulen. (bsc)