Studie betont Bedeutung anonymer Wikipedia-Autoren

Wissenschaftler der Dartmouth-Universität haben die Güte von Beiträgen im Online-Lexikon Wikipedia untersucht. Überraschendes Ergebnis: Die Qualität hängt offenbar nicht davon ab, ob der Beitrag von einem registrierten oder einem anonymen Benutzer stammt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 227 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Peter Mühlbauer

Wissenschaftler der Dartmouth-Universität in New Hampshire verglichen in einer jüngst veröffentlichten Studie die Güte von Beiträgen im Online-Lexikon Wikipedia. Als Indikator für die Qualität diente dabei die Versionsgeschichte, die Auskunft darüber gibt, wie häufig die Beiträge von anderen Autoren geändert beziehungsweise gelöscht wurden. Das überraschende Ergebnis war, dass die Qualität nicht davon abhängt, ob der Beitrag von einem registrierten oder einem anonymen Benutzer stammt. Im Durchschnitt lagen die Qualitätswerte von anonymen Autoren sogar leicht über denen der registrierten.

Die Soziologin Denise Anthony und der Informatiker Sean Smith wollten in ihrer Studie das Wirken von sogenannten "barmherzigen Samaritern" untersuchen. In wirtschaftswissenschaftlichen Untersuchungen über kollektive Güter fließen Beiträge von solchen Personen, deren Motivation unklar ist, üblicherweise nicht ein, weil sich ihr Verhalten nur schwer berechnen lässt. Deshalb nutzten Anthony und Smith Stichproben aus der französischen und der niederländischen Wikipedia als "Freiluft-Versuchslabor".

Tatsächlich sprengt das Ergebnis der Studie die traditionellen wirtschaftswissenschaftlichen Motivationsmodelle – vom finanziellen Anreiz über den Reputationsgewinn bis hin zur Gruppenidentität. Stattdessen ist es möglicherweise ein bisher zu wenig berücksichtigter Ordnungssinn, der hier greift und der sich auch in Phänomenen wie von anonymen Ausleihern angestrichenen Druckfehlern in Büchern aus Bibliotheken niederschlägt.

Hinsichtlich Wikipedia stellten die Wissenschaftler aber auch fest, dass die Qualität der Beiträge von angemeldeten Nutzern mit der Zahl der Änderungen steigt, während sie bei den anonymen sinkt. Dies könnte damit zu tun haben, dass feste IP-Nummern nicht nur in Universitäten, sondern auch in Firmen und Behörden verbreitet sind, von wo aus ein erhöhtes Risiko der Schönung und Fälschung von Einträgen besteht. (pem)