EU-Kommission: IT ist keine Männersache

Zusammen mit der IT-Branche will EU-Kommissarin Viviane Reding einen Leitfaden für die vorbildliche Praxis der Frauenförderung in der Informations- und Kommunikationstechnologie erstellen.

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Die EU-Kommission will mit dem angeblich weit verbreiteten Vorurteil aufräumen, Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) sei Männersache. Auch wenn der Anteil der weiblichen Absolventen in Ingenieurs- und Informatikstudiengängen noch sehr gering sei, könnten junge Frauen mit einer erfolgreichen und lohnenswerten Laufbahn im IKT-Sektor rechnen, schreibt die EU-Kommission in einer Mitteilung. Vergangene Woche befasste sich in Brüssel eine Konferenz mit dem Thema.

EU-Kommissarin Viviane Reding will regt einen europäischen Leitfaden für die vorbildliche Praxis der Frauenförderung in der IKT an ("European Code of Best Practices for Women in ICT"). Gemeinsam mit der Branche will sie damit den Ausstieg der Frauen aus der Branche stoppen und mit einigen Vorurteilen über die Arbeit dort aufräumen. Voraussichtlich zum Internationalen Frauentag 2009 soll der Leitfaden der Branche fertig sein.

Nicht nur die EU-Kommission, auch die deutsche IT-Branche meint, der vielbeschworene Fachkräftemangel könne am besten mit Hilfe der Frauen beseitigt werden. Vergangenen Samstag erhielten deshalb die Frauen auf dem vorletzten CeBIT-Tag anlässlich des internationalen Frauentags freien Eintritt. Während einer Bundestagsdebatte forderten Politikerinnen aller Fraktionen rasche Maßnahmen zur Gleichstellung von Männern und Frauen im Beruf, bis hin zur Beseitigung des "Innovationshindernisses Männerdominanz", wie es die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen formulierte.

In zumindest in eines dieser Hörner stößt auch Reding. Sie meint, es könne "nicht hingenommen werden, dass in Europa qualifizierte IT-Kräfte fehlen. Wenn dieser Mangel an Informatikern und Ingenieuren nicht beseitigt wird, könnte sich das Wirtschaftswachstum in Europa verlangsamen und Europa Gefahr laufen, hinter seine asiatischen Konkurrenten zurückzufallen". Es müsse die Stereotype beseitigt werden, IKT-Laufbahnen seien langweilig und für Frauen zu technisch.

In den 27 EU-Mitgliedstaaten sei zwar die Gesamtzahl der Absolventen technischer Studiengänge beträchtlich gestiegen, von 150.965 im Jahr 1998 auf 320.950 im Jahr 2004, teilt die Kommission mit. Die jährliche Zuwachsrate befinde sich aber "im freien Fall", und zwar von 60 Prozent im Jahr 1998 auf nur noch 10 Prozent im Jahr 2004. In den USA sei die Situation ähnlich. Dort sei der Anteil der Anfänger in der Informatik von fast 4 auf 1 Prozent gesunken. Das sei der niedrigste Wert für Informatikfächer seit 1977.

Auf der anderen Seite sei positiv zu vermerken, dass in Europa der Anteil der weiblichen Hochschulabsolventen in fast allen Fachgebieten gestiegen sei. Bei den technischen Abschlüssen betrage der weibliche Anteil allerdings immer noch nur 19 Prozent. In einigen Ländern wie Österreich, Portugal und Polen sei die Zahl der weiblichen Informatikabsolventen von 1998 bis 2005 sogar deutlich gesunken. Eine im Oktober 2007 in 150 europäischen Unternehmen des Telekommunikationssektors durchgeführte Untersuchung habe zudem ergeben, dass der mittlere Anteil der Frauen in den Vorständen bei 6 Prozent liege. (anw)