Pixelsalat mit Botschaft

Das Eintippen von Adressdaten oder URLs auf mobilen Geräten mit nur zwölf Tasten gerät leicht zu einer anstrengenden und zeitkostenden Fingerübung. Mit Barcodes entfällt die Tipperei.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Achim Barczok

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Das Eintippen von Adressdaten oder URLs auf mobilen Geräten mit nur zwölf Tasten gerät leicht zu einer anstrengenden und zeitkostenden Fingerübung. Mit der Hilfe von Barcodes kann man sich die Tipperei sparen. Während sie in Europa bisher fast nur bei der Produktion und in der Logistik zum Einsatz kommen, sind 2D-Barcodes wie das Format QR im jungen Japan schon länger der Renner zum Austauschen von Botschaften.

Strichcodes sind jedem Verbraucher seit Jahren bekannt: Auf jedem Milchkarton im Supermarkt um die Ecke ist eine Abfolge von schwarzen und weißen Strichen aufgedruckt. Ein Scanner an der Ladenkasse liest die Strichfolge und gibt die Informationen an die Kasse weiter. Solche Strichcodes können nur recht kleine Ziffernfolgen darstellen. So genannte 2D-Barcodes nutzen die vorhandene Fläche über ein Pixelmuster besser aus und bringen damit mehr Informationen unter. Beim Online-Kauf von Bahntickets oder Briefmarken dürften dem einen oder anderen diese Codes bereits hier begegnet sein: In der oberen rechten Ecke des selbst ausgedruckten Online-Tickets der Bahn findet sich ein Pixelhaufen, den der Bahnschaffner nur noch einzuscannen braucht.

Formate wie Datamatrix, Semacode, BeeTagg oder QR (Quick Response, englisch für „schnelle Antwort“) können teilweise bis zu 4000 alphanumerische Zeichen speichern und lassen sich in Sekundenbruchteilen einlesen, sofern das Lesegerät genau genug arbeitet. Dabei ist unerheblich, in welchem Winkel der Anwender den Scanner hält: Der Code enthält Markierungen, an denen sich der Scanner orientiert. Bei vielen Formaten ist der Code redundant ausgelegt; so sollen sich auch unvollständige oder beschädigte Codes einlesen lassen.

Das Handy wird zum Scanner

Man benötigt zum Einlesen von QR-Codes nicht unbedingt ein spezielles Lesegerät. Ein aktuelles Kamera-Handy bringt – mit der passenden Software bestückt – alles mit um diese Barcodes einzulesen und auszuwerten. Diese eignen sich etwa für die Übertragung von Adressdaten oder einem Weblink zum schnellen Abruf von Informationen im Internet.


2D-Barcode Reader
Kaywa Readerliest Informationen aus QR-Codes, Semacode und Datamatrix ein (kostenlos)
BeeTagg ReaderReader für das Beetagg-Format (kostenlos)
ActivePrint Glass ReaderQR- und Datamatrix-Reader (30-Tage-Trial, noch keine Kaufversion erhältlich)
QuickMark ReaderQR-Reader für diverse Handy-Modelle und für Webcams (kostenlos)

In Japan gehören die Pixelmuster schon zum Alltag vieler Handy-Nutzer. Sie können die von Herstellern auf Poster, Magazine oder Verpackungen gedruckten Codes auf ihrem Handy einlesen und werden über eine URL auf Zusatzinfos im Netz geführt. Bei McDonald’s beispielsweise findet man auf einigen Burger-Packungen Codes, die eine Webseite mit Angaben zu Inhaltsstoffen und Nährwert der Sandwiches öffnet.

2D-Code-Generatoren und Reader

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Der QR-Reader scannt über die Handy-Kamera den Code (l.), entziffert die Nachricht und macht sie auf dem Gerät verfügbar (r.). Vergrößern

Inzwischen gibt es eine Vielzahl an Readern, Generatoren oder Entwicklertools für 2D-Barcodes (siehe Tabellen), die für private Anwender häufig kostenlos verfügbar sind. Speziell für Europa bietet das Schweizer Unternehmen Kaywa auf seiner Webseite einen kostenlosen Reader für eine Reihe von Symbian-Handys sowie einen Barcode-Generator an. Dessen Fähigkeiten halten sich allerdings in Grenzen: Pro QR-Code sind maximal 250 Zeichen möglich und der Reader versteht nur Kurznachrichten, Text und Telefonnummern. Der von den HP Labs in Bristol als Experimentier-Version veröffentlichte Glass Reader für verschiedene Nokia-Modelle kann zusätzlich noch VCards mit Adressdaten einlesen. Dafür muss sich die Anwendung allerdings mit dem Internet verbinden. Der Grund hierfür liegt nach Angaben von HP Labs in der dadurch einfacheren Implementierung und der Kompatibilität der Codes mit älteren Reader-Versionen.

Bisher kaum Codes in "freier Wildbahn"

Verschiedene Unternehmen haben es sich zum Ziel gesetzt, in der europäischen "Generation Handy" mit den kleinen Pixelbildern einen Hype wie in Japan zu entfachen. Die Initiative ActivePrint, zu der sich unter anderem HP und Mobilfunkriese Vodafone zusammengeschlossen haben, veranstalten schon seit einigen Jahren diverse Aktionen, zum Beispiel eine Barcode-Schnitzeljagd durch die Straßen der englischen Stadt Bristol. Im deutschsprachigen Raum sind Barcodes vom Format BeeTagg der Schweizer Firma connvision AG bei einigen Werbeaktionen zu sehen gewesen, zum Beispiel in der Schweiz auf Flyern und Postern für das Queen-Musical „We will rock you“ oder in Österreich auf dem Donaufestival für ein Gewinnspiel mit Code-Stickern unter dem Slogan „Tag your City“.


2D-Barcode Generatoren
Kaywa QR-Codeerzeugt QR-Codes mit Text, URLs, vorgefertigten SMS und Telefonnummern, die sich mit dem Kaywa Reader einlesen lassen (online)
ActivePrint CodesQR-Codes oder DataMatrix für den ActivePrint Glass Reader generieren (online)
NFGGames QRCode GeneratorText, E-Mail-Adressen, Kontakt-Infos und URLs in QR-Codes verpacken (online)
QuickMark QR GeneratorGenerator für QR-Codes, die mit dem QuickMark Reader eingelesen werden können (online)
Mobile Codeatrongeneriert QR Codes (online)
QRdraw & QRmaker Pro Trial EditionQR-Code-Generatoren (Trial)
BeeTagg Generatorerlaubt das Erstellen von 20 BeeTagg-Barcodes, Registrierung erforderlich

Projekte dieser Art sind in Europa bisher noch spärlich gesät und deshalb wohl nur wenige Handys mit einem Barcode-Reader bestückt. Und solange nur wenige Nutzer das Format kennen, macht der Einsatz für die Unterhaltungs- und Werbebranche in größerem Rahmen wiederum wenig Sinn – ein klassisches Henne-Ei-Problem.

Auf der Suche nach Standards

In Japan hieß das Erfolgsrezept Standardisierung. Erst als mehrere Hersteller ihre Handys mit vorinstallierten Barcode-Readern auslieferten, lohnte sich das Drucken der Codes für die Branche. Das Mobile Codes Consortium, zu dem die Unternehmen Publicis, die Hewlett-Packard Laboratories, Gavitec und Neomedia gehören, möchte eine ähnliche Standardisierung in Europa erreichen. Tim Kindberg vom HP Research Lab in Bristol über die Ziele des Konsortiums: "Es geht darum, die entsprechenden Akteure der Mobilindustrie zusammenzuschließen und Standards zu entwickeln, die nicht nur technisch sinnvoll sind, sondern sich auch nach den Ansprüchen des Markts richten." Bisher sei man noch in der Phase, weitere Unternehmen mit ins Boot zu holen.

Es wird wohl noch etwas dauern, bis sich in Europa Standards für den mobilen Einsatz von 2D-Barcodes durchsetzen. Bis dahin muss man sich zum Ausprobieren mit den Angeboten im Netz zufrieden geben – oder bei der nächsten Japan-Reise mal genauer auf die Bic-Mac-Verpackung schauen. (ll)


Entwickler-Tools
GD::Barcode::QRcodePerl-Modul zum Erzeugen von QR-Codes mittels der GD Graphics Library (OpenSource)
J2MEQRCodeJava-Komponente zum Erzeugen und Interpretieren von QR-Codes (kostenlos)
IEC16022Sharp LibraryC#-Bibliothek zum Erzeugen von Datamatrix-Codes (OpenSource)
Freytag Datamatrix DecoderC#-Bibliothek, mit der sich DataMatrix-Codes interpretieren lassen (OpenSource)