Verfassungsgericht segnet heimliche Datensammlung bei Finanzbehörde ab

Das Bundesverfassungsgericht hat die umfangreiche Speicherung von Informationen über so genannte Domizilgesellschaften als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt und den Auskunftsanspruch eines Betroffenen zurückgewiesen.

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Das Bundesverfassungsgericht hat die umfangreiche Speicherung von Informationen über so genannte Domizilgesellschaften durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt und den Auskunftsanspruch eines Betroffenen zurückgewiesen. Damit blieb die Verfassungsbeschwerde eines Mannes erfolglos, der von der Finanzbehörde Einsicht in die 13 ihn betreffenden Aktenordner verlangt hatte. Sein Informationsinteresse wiege gegenüber dem mit der Geheimhaltung verfolgten Ziel der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern vergleichsweise geringer, entschied der Erste Senat in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss (Az. 1 BvR 2388/03).

Die umstrittene Datenhortung durch die Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen des Bundesamtes dient laut der Entscheidung insbesondere dazu, "den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu verhindern, durch den Steuern rechtswidrig verkürzt werden sollen". Insbesondere würden Hinweise darauf gesammelt, ob es sich bei ausländischen Gesellschaften um solche handele, "die im Ausland ihren Sitz haben, ohne dort geschäftliche oder kommerzielle Tätigkeiten auszuüben". Über diese könnten etwa Geschäfte vorgetäuscht werden, um Zahlungen an die Gesellschaft als Betriebsausgaben steuerlich absetzen zu können, die tatsächlich an den Steuerpflichtigen zurückgeleitet werden.

Der Beschwerdeführer verlangte vom BZSt, das momentan auch im Rahmen der Ausgabe der neuen einheitlichen Steuer-Identifikationsnummer im öffentlichen Licht steht, anhand von Paragraph 19 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Auskunft über die ihn betreffenden Informationen. Auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes berief er sich nicht. Die Behörde lehnte die Auskunft daraufhin mit dem Hinweis ab, dass die gesammelten Daten durch eine Auskunftserteilung wertlos würden. Der Betroffene könnte sich etwa aus Domizilgesellschaften zurückziehen, die bereits erfasst seien oder in Domizilgesellschaften tätig werden, die dem Amt noch nicht bekannt seien, hieß es. Durch die Auskunftserteilung werde die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben des Amtes gefährdet. Die gegen die Ablehnung gerichtete Klage des Beschwerdeführers blieb vor den Finanzgerichten erfolglos, sodass er sich an Karlsruhe wandte.

Die Verfassungsrichter erkannten nun zwar das Interesse des Mannes an, von den ihn betreffenden informationsbezogenen Maßnahmen des Staates Kenntnis zu erlangen. Dieses werde durch Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt. Daraus abzuleiten sei aber kein Anspruch auf eine bestimmte Art der Informationserlangung. Bei der Ausgestaltung des Zugangs zu Informationen habe der Gesetzgeber vielmehr zu berücksichtigen, welche Bedeutung ihm für den Grundrechtsschutz des Betroffenen zukommt. Diesen Anforderungen trage Paragraph 19 BDSG in verfassungsmäßiger Weise Rechnung. Die Norm sehe grundsätzlich "einen weit reichenden Anspruch des Betroffenen auf Auskunft vor". Die ebenfalls enthaltene Abwägungsklausel stelle zugleich aber sicher, dass eine Auskunft unterbleiben dürfe, "wenn das Interesse an der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung dem Informationsinteresse des Betroffenen vorgeht".

Laut den Karlsruher Richtern haben die Finanzgerichte die gegenläufigen Interessen beider Seiten rund um den Auskunftsanspruch mit ihren Urteilen "in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgewogen". Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer infolge des Ausschlusses seines Auskunftsanspruchs derzeit die Richtigkeit der gesammelten Daten und die Rechtmäßigkeit ihrer fortdauernden Speicherung nicht wirkungsvoll überprüfen lassen könne, sei aber Rechnung zu tragen, "wenn die Daten in einem konkreten steuerbehördlichen Verfahren zum Nachteil des Beschwerdeführers herangezogen werden". Dabei sei sicherzustellen, dass dem Betroffenen "keine Nachteile aus der zeitlichen Verlagerung des Rechtsschutzes erwachsen". (Stefan Krempl) / (uma)