Zum Tode von Ray Dolby: Ruhe, bitte!

Im Alter von 80 Jahren ist der Gründer und Namensgeber der Dolby Laboratories gestorben. Seine Entwicklungen trugen maßgeblich zur elektronischen Unterhaltung bei, wie wir sie heute kennen.

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Von
  • Karl-Gerhard Haas

Im Alter von 80 Jahren ist der Gründer und Namensgeber der Dolby Laboratories Ray Dolby am gestrigen Donnerstag in San Francisco gestorben. Seine Entwicklungen trugen maßgeblich zur elektronischen Unterhaltung bei, wie wir sie heute kennen.

Am Anfang war das Bild: In den frühen 1950ern Jahren war der am 18. Januar 1933 geborene US-Amerikaner Dolby einer der Entwickler des ersten kommerziell verfügbaren Videorecorders, des Ampex Quadruplex. Bekannt (und reich) machte ihn aber die Audiotechnik – zu Analogzeiten waren es ausgefuchste Rauschunterdrückungssysteme, später die Datenreduktion.

(Bild: Dolby Laboratories)

Auslöser für Dolbys Erfolg war das Motiv vieler Erfinder: der Wunsch, etwas besser zu machen. Im Falle Ray Dolbys war es der Filmton. Am 17 Mai 1965 eröffnete er die "Dolby Laboratories" in London. Im Kino herrschte zu jener Zeit die Zweiklassengesellschaft: Die Masse der Streifen wurde mit bescheidenem, monophonen Lichtton veröffentlicht. Nur wenigen Premierenkinos gönnte man 35- oder 70-Millimeterkopien mit Magnettonspuren. Die klangen deutlich besser und ermöglichten schon in den 1950ern Surround Sound. Die Magnetspuren bröckelten recht schnell von den Kopien – waren also nicht eben wirtschaftlich.

Als Dolby sich näher mit Filmton befasste, stieß er auf so viele Probleme, dass er sich zur Salami-Taktik entschloss. Den ersten Bestandteil des später als "Dolby Stereo" bekannt gewordenen Kinotonsystems, die vierbandige Rauschunterdrückung Dolby A, verkaufte er zunächst an Tonstudios. Anfangs vermarktete er das System als "SN Stretcher" (etwa: Geräuschspannungsabstandserweiterer). Erst als er in einem Aufzug der Londoner Studios von Pye Records hörte, wie Techniker darüber sprachen, "die Dolbys von Studio A nach Studio B" zu bringen, kam ihm der Gedanke, seinen Produkten auch seinen Namen zu geben.

Der Ingenieur Ioan Allen, seit 1969 bei Dolby angestellt, war maßgeblich für den Siegeszug von Dolby-Technik im Kino verantwortlich. Er überzeugte Filmemacher, Dolby A in der Produktion zu nutzen (erstmals bei "Uhrwerk Orange"). Im nächsten Schritt teilte man die Mono-Lichttonspur für Stereo, kodierte auch die Kinokopien in Dolby-A und verschachtelte per Matrix vier Kanäle in die zwei Tonspuren – fertig war "Dolby Stereo". Es ermöglichte auf preiswerten Lichttonkopien Surroundton in guter Qualität – und dieselbe Kopie lief ohne Problem auch im Mono-Dorfkino. Der erste Kinofilm mit der neuen Technik hatte den prophetischen Titel "A Star Is Born", den Durchbruch schaffte Dolby Stereo 1977 mit George Lucas’ "Star Wars".

Parallel zur Tätigkeit im professionellen Bereich weitete Dolby das Geschäft auf Heimequipment aus. Das Rauschunterdrückungsverfahren Dolby NR, später Dolby B genannt, war jahrzehntelang Standard in Cassettendecks. Dolby baute die Technik für den Konsumentenmarkt nie selbst, sondern vergab nur Lizenzen.

Fürs Studio entwickelte Ray Dolby in den 1980ern sein Lieblingsprojekt Dolby SR. In Kombination mit einer hochwertigen, korrekt justierten Bandmaschine übertraf es die damals verfügbaren digitalen Audiorecorder. Der Zuspruch aus der Industrie war enorm – so gab es dann bald auch Dolby Stereo SR im Kino und die Variante fürs Cassettendeck namens Dolby S.

Parallel arbeitete Dolby aber auch schon an Digitaltechnik. Mit AC-3 ("Dolby Stereo SR.D", "Dolby Stereo Digital", später "Dolby Digital") gelang 1992 die Umstellung der Kinos auf Digitalton. Die fünf getrennten Kanäle von Dolby Digital waren dem matrizierten Dolby Stereo haushoch überlegen – kein Wunder, dass man den Ton schnellstmöglich auf Laserdisc und dann auch auf der Video-DVD haben wollte.

In Europa stellten sich Philips und Thomson quer – sie propagierten MPEG-basierten Mehrkanalton für die DVD. Auf der IFA 1997 gab es deswegen Krach, ein Dolby-Fan richtete gar eine Hassseite im Web ein. Einmal mehr war Ray Dolby die Ruhe selbst. "Das ist nicht der erste Formatkrieg, den ich erlebe", sagte er damals auf einer Pressekonferenz in Berlin, "und meist haben wir ihn gewonnen." Er sollte recht behalten.

Zu dieser Zeit hatte er sich aus dem Tagesgeschäft in seiner Firma bereits weitestgehend zurückgezogen – einer seiner Söhne übernahm das Ruder. 2005 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. (nij)