Elektroantrieb fürs Gehirn

Hirnstimulation mit Strompulsen und Magnetfeldern kann bei vielen neurologischen Krankheiten helfen. Schon formiert sich eine Hackerszene aus Gesunden, die ihre Hirnleistung auf Do-it-yourself-Basis verbessern wollen.

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Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Die Erfolge der medizinischen Hirnstimulation wecken auch bei Gesunden Begehrlichkeiten. Das berichtet das Magazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe (online hier zu bestellen). In Internetforen und bei Youtube hat sich eine Do-it-yourself-Bewegung für Neurodoping durch Strom- und Magnetfeldstimulation gebildet. Forscher wie Peter Reiner von der University of British Columbia in Vancouver beobachten die Entwicklung mit Sorge. Der Neurowissenschaftler beschäftigt sich mit ihren ethischen Fragen und hat „eine Bewegung, die vergleichbar mit der Maker-bewegung ist“, ausgemacht.

Die Neurodoper bauen ihre Geräte selbst, viele Pläne gibt es online. Ihre Hauptziele: Sich besser konzentrieren und erinnern können. „Sie mögen die besten Absichten haben. Aber das Problem ist, dass sie die Elektroden nicht exakt platzieren, die Polarität der Elektroden vertauschen und viel zu hohe Stromstärken anlegen“, so Reiner. Ähnlich wie bei Biohackern sei es wichtig, einen Dialog über die Sicherheitsfragen zu starten. Reiner will niemanden verdammen, zumal einige offenbar nicht auf eine kognitive Verbesserung aus sind, sondern versuchen, sich wegen Krankheiten selbst zu behandeln.

Ermutigt werden sie offenbar von wissenschaftlichen Erfolgen der Strom- und Magnetfeldstimulation. Seit diese Techniken vor zehn Jahren für Therapien in den Fokus rückten, kartieren Ärzte in einer wachsenden Zahl von klinischen Studien die Einsatzmöglichkeiten systematisch. Sie wollen herausfinden, welche neurologischen und neuropsychiatrischen Erkrankungen am besten mit den Stimulationsmethoden behandeln lassen. Das Ziel ist, maßgeschneiderte Behandlungsprozeduren für verschiedene Krankheiten zu entwickeln und sie im Klinik-Alltag zu etablieren. Große Hoffnungen darauf setzen nicht nur Patienten, bei denen etablierte Therapien wie Psychopharmaka gegen Depression oder Schizophrenie nicht wirken. Genauso wichtig sind diese Behandlungen aber auch als Verstärker für Medikamente, motorisches und sprachliches Training bei Schlaganfällen und Verhaltenstherapien.

Mehr dazu in Technology Review 10/2013:

(vsz)